(Liebes) Briefe, - eine Stilkritik |
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(Liebes) Briefe, - eine Stilkritik |
08.Sep.2013 - 14:15
Beitrag
#1
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Naschkatze Gruppe: Members Beiträge: 453 Userin seit: 01.08.2005 Userinnen-Nr.: 1.940 |
Im ZEIT- Magazin gab es vor längerer Zeit eine Ausgabe, in der LeserInnen Briefe einschicken konnten, Liebesbriefe, Abschiedsbriefe, Briefe um Freundschaftskonflikte zu klären, Reden, Kündigungsschreiben usw. http://www.zeit.de/2010/09/Redigieraufruf-09
Ein ZEIT-Redakteur gab dann seinen Senf zu dem Brief ab, "Verbesserungsvorschläge" in dem Sinne, gezielter, pointierter zu formulieren, Schachtelsätze zu vermeiden, verständlicher zu werden. Versteht ihr, was ich meine? Leider habe ich die Ausgabe, in der die "verbesserten" Briefe dann waren Online nicht gefunden. Mir hat es damals gut gefallen. Die Redakteure hatten auch nicht mehr als die Briefe, keine Hintergrundgeschichte. Habt ihr Lust, auch so etwas zu machen? Aktueller Anlass bei mir ist ein Brief, den ich heute schon 10 x mindestens umformuliert habe, aber nie abgeschickt. Mal sehen, ob ich ihn anonym genug hinbekomme. Hier das Beispiel: Liebe X, heute habe ich lange und gründlich über das Thema Freundschaft mit dir nachgedacht. Ich glaube, ich habe noch zu viele und die falschen Hoffnungen und Erwartungen an dich. Ich kann mich innerlich nur mit Mühe gegen dich abgrenzen. Obwohl ich mich gerne mir dir treffen würde und unglaublich gerne sehr viele verschiedene Sachen mit dir austauschen würde, glaube ich, ich würde mich spätestens nach dem Treffen wieder schnell sehr elend fühlen, auch weil gerade dieser Austausch wahrscheinlich wieder sehr entgrenzt. Momentan fühle ich mich zu schwach, um Y erneut Schmerzen zuzufügen, auch, weil ich ihre Unterstützung gerade so dringend nötig habe. Ich möchte nicht eine Freundschaft vor ihr verbergen. Ich denke, es könnte funktionieren, wenn ich mir sicherer bin, dass ich nur Freundschaft von dir will oder wenn ich mich stabil genug fühle, dass ich auch mit allem anderen, was ich noch fühlen könnte klarkomme. In diesem Sinne – lass uns einfach noch ein bisschen warten. Weißt du - ich bin mir relativ sicher, dass du besser damit klarkommst wenn ich nicht so "gefühlig" schreibe. Du bist so pragmatisch. Auch wenn ich das nicht ganz verstehe finde ich es doch beneidenswert, dass du so gut mit der Situation klarzukommen scheinst. Aber ich krieg es nun mal nicht hin. Ich bin so – sehr emotional, ich leide deswegen auch schnell an Dingen, bin eben eher nicht "leicht". So bin ich auch in einer Freundschaft. Dafür verstehe ich sehr viel davon, wie Menschen sich fühlen, was alles wie schlimm sein kann und ich verstehe auch ein bisschen davon was dagegen hilft. Davon profitieren die Menschen um mich herum in der Regel. Du brauchst das vielleicht nicht so. Aber ich schreibe schon wieder zu viel. Was auch sein darf, weil ich halt so bin wie ich bin. Aber ich drehe mich im Kreis. Mein Ziel ist eine Freundschaft mit dir. Hoffentlich kann es bald sein. Wenn ich mal nicht mehr ganz so in Gedanken und verwirrt bin, selbst wenn ich dich nur kurz getroffen habe. Liebe Grüße, LaPia Und nun gleich eine erste Stilkritik: zu langatmig, zu umständlich, tatsächlich etwas im Kreis geredet. Selber denke ich: ich müsste mehr wissen, worauf ich im Brief hinaus will und dann präziser formulieren. Für einen eigenen Umformulierungsvorschlag ist mir der Text aber zu nah. Ich "brauche" es auch nicht dringend, dass ihr den Brief verbessert (ich glaube, es ist vernünftiger, ihn nie abzuschicken), dann wäre er in einem anderen UFO vermutlich besser aufgehoben, ich dachte nur, vielleicht ist es eine nette Idee für die Schreibwerkstatt. Der Beitrag wurde von LaPia bearbeitet: 08.Sep.2013 - 14:40 |
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08.Sep.2013 - 20:40
Beitrag
#2
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Blau, weil Ströse. Gruppe: Admin Beiträge: 19.966 Userin seit: 06.08.2006 Userinnen-Nr.: 3.348 |
Habt ihr Lust, auch so etwas zu machen? Ja, total! Ich redigiere sehr gerne. (IMG:style_emoticons/default/smile.gif) Ich "brauche" es auch nicht dringend, dass ihr den Brief verbessert (ich glaube, es ist vernünftiger, ihn nie abzuschicken), dann wäre er in einem anderen UFO vermutlich besser aufgehoben, ich dachte nur, vielleicht ist es eine nette Idee für die Schreibwerkstatt. Solange es um die Umformulierung deines Briefes geht (oder auch anderer Texte, falls sich der Thread etabliert), ist er hier in der Schreibwerkstatt gut aufgehoben. Wenn du irgendwann inhaltlich Rat oder Austausch brauchst, bietet sich freilich ein anderes Ufo besser an. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) Und nun gleich eine erste Stilkritik: zu langatmig, zu umständlich, tatsächlich etwas im Kreis geredet. Selber denke ich: ich müsste mehr wissen, worauf ich im Brief hinaus will und dann präziser formulieren. Ich finde nicht, dass du im Kreis redest, Langatmigkeit sehe ich ebenso wenig. Das kommt dir vielleicht so vor, weil du den Brief mehrfach umformuliert hast. Teilweise fehlt es aber tatsächlich ein wenig an der Präzision, zumindest war mir nicht immer so richtig klar, was du ausdrücken wolltest. Ich habe mich dann aber auch gefragt, ob es die Adressatin trotzdem verstehen würde, weil sie dich und die Situation kennt. Zum Beispiel verstehe ich nicht so richtig, was du hier meinst: ZITAT Weißt du, ich bin mir relativ sicher, dass du besser damit klarkommst, wenn ich nicht so "gefühlig" schreibe. Du bist so pragmatisch. Auch wenn ich es nicht ganz verstehe, finde ich es doch beneidenswert, dass du so gut mit der Situation klarzukommen scheinst. Aber ich krieg es nun mal nicht hin. Meinst du: "ich bin mir relativ sicher, dass du besser damit klarkämst, wenn ich nicht so "gefühlig" schreiben würde"? Und was kriegst du nicht hin? Mit der Situation klarzukommen oder nicht "gefühlig zu schreiben"? Ich habe mich mal an eine Umformulierung gemacht, habe dabei hauptsächlich Wortwiederholungen vermieden und versucht, mehr Präzision reinzubringen. Außerdem habe ich die Kommasetzung erweitert (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) und ein paar Leerzeilen eingefügt. Hier meine Version: "Liebe X, heute habe ich lange und gründlich über das Thema Freundschaft und insbesondere die Freundschaft mit dir nachgedacht. Ich kam zu dem Schluss, dass ich noch zu viele und vermutlich auch die falschen Hoffnungen und Erwartungen an dich habe. Ich kann mich innerlich nur mit Mühe gegen dich abgrenzen. Obwohl ich mich wahnsinnig gerne mir dir treffen und mich über viele verschiedene Sachen mit dir austauschen möchte, glaube ich, dass ich mich spätestens nach dem Treffen schnell sehr elend fühlen würde, unter anderem weil gerade dieser Austausch wahrscheinlich wieder sehr entgrenzt. Momentan fühle ich mich zu schwach, um Y erneut Schmerzen zuzufügen, auch, weil ich ihre Unterstützung gerade so dringend nötig habe. Ich möchte eine Freundschaft vor ihr nicht verbergen. Ich denke, eine Freundschaft könnte dann funktionieren, wenn ich mir sicher bin, dass ich nur Freundschaft von dir will. Oder auch, wenn ich mich stabil genug fühle, um auch mit allem anderen, was ich noch empfinden könnte, klarzukommen. Daher: lass uns einfach noch ein bisschen warten. Weißt du, ich bin mir relativ sicher, dass du besser damit klarkommst, wenn ich nicht so "gefühlig" schreibe. Du bist so pragmatisch. Auch wenn ich es nicht ganz verstehe, finde ich es doch beneidenswert, dass du so gut mit der Situation klarzukommen scheinst. Aber ich krieg es nun mal nicht hin. Ich bin sehr emotional, daher leide ich auch schnell an Dingen, bin eben eher nicht "leicht". So bin ich auch in einer Freundschaft. Dafür verstehe ich sehr viel davon, wie Menschen sich fühlen, was alles wie schlimm sein kann, und ich verstehe auch ein bisschen davon, was dagegen hilft. Davon profitieren die Menschen um mich herum in der Regel. Du brauchst das vielleicht nicht so. Aber ich schreibe schon wieder zu viel. Was auch sein darf, weil ich halt so bin, wie ich bin. Mein Ziel ist eine Freundschaft mit dir, und ich wünsche mir, dass dies bald sein kann. Aber vorher muss ich mich und meine Gedanken sortieren. Denn ich bin verwirrt, obwohl ich dich nur kurz getroffen habe. Liebe Grüße, LaPia" Vielleicht hilft dir das schon mal ein bisschen weiter. (IMG:style_emoticons/default/smile.gif) |
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08.Sep.2013 - 22:03
Beitrag
#3
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ausgewilderte Großstadtpflanze Gruppe: Members Beiträge: 2.096 Userin seit: 24.10.2007 Userinnen-Nr.: 5.165 |
Hm. Ich weiß nicht, ob das noch als Stilkritik durchgeht, was ich vorzuschlagen hätte.
Ich finde, der Brief wäre wesentlich pointierter, wenn du den zweiten Teil weglassen würdest. Kawas redigierten Text aufgreifend, käme bei mir dann raus: "Liebe X, heute habe ich lange und gründlich über das Thema Freundschaft und insbesondere die Freundschaft mit dir nachgedacht. Ich kam zu dem Schluss, dass ich noch zu viele und vermutlich auch die falschen Hoffnungen und Erwartungen an dich habe. Ich kann mich innerlich nur mit Mühe gegen dich abgrenzen. Obwohl ich mich wahnsinnig gerne mir dir treffen und mich über viele verschiedene Sachen mit dir austauschen möchte, glaube ich, dass ich mich spätestens nach dem Treffen schnell sehr elend fühlen würde, unter anderem weil gerade dieser Austausch wahrscheinlich wieder sehr entgrenzt. Momentan fühle ich mich zu schwach, um Y erneut Schmerzen zuzufügen, auch, weil ich ihre Unterstützung gerade so dringend nötig habe. Ich möchte eine Freundschaft vor ihr nicht verbergen. Ich denke, eine Freundschaft könnte dann funktionieren, wenn ich mir sicher bin, dass ich nur Freundschaft von dir will. Oder auch, wenn ich mich stabil genug fühle, um auch mit allem anderen, was ich noch empfinden könnte, klarzukommen. Daher: lass uns einfach noch ein bisschen warten. Mein Ziel ist eine Freundschaft mit dir, und ich wünsche mir, dass dies bald sein kann. Aber vorher muss ich mich und meine Gedanken sortieren. Denn ich bin verwirrt, obwohl ich dich nur kurz getroffen habe. Liebe Grüße, LaPia" Der Beitrag wurde von PikSieben bearbeitet: 08.Sep.2013 - 22:04 |
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10.Sep.2013 - 10:06
Beitrag
#4
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Blau, weil Ströse. Gruppe: Admin Beiträge: 19.966 Userin seit: 06.08.2006 Userinnen-Nr.: 3.348 |
Ich finde, der Brief wäre wesentlich pointierter, wenn du den zweiten Teil weglassen würdest. Darüber hatte ich auch nachgedacht, wollte dann aber nicht ganz so radikal sein. Aber PikSieben hat schon recht, dass durch die Kürzung das Hauptanliegen des Briefes klarer zum Ausdruck kommt. |
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12.Sep.2013 - 16:51
Beitrag
#5
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Bekennende Urlesbe Gruppe: Members Beiträge: 2.026 Userin seit: 02.01.2012 Userinnen-Nr.: 8.090 |
Die von Piek Sieben vorgeschlagene , um den zweiten Teil gekürzte Version gefällt mir sehr gut .
Ich wünschte , ich würde so einen Brief von einer bestimmten Frau erhalten . Also, bei mir würde der total gut ankommen ! Ganz allgemein empfinde ich kürzere Versionen immer zumutbarer , weil sie das Wesentliche aussagen , das Unwesentliche bereits rausgefiltert haben und z.B. nicht davon ausgehen , dass ich so viel Zeit für die Adressatin hätte , mich so sehr in sie hineinzudenken und mich mit ihr zu befassen . Je kürzer der Text, desto eher meine Bereitschaft , mich einzulassen , würde ich spontan sagen ... |
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16.Sep.2013 - 18:56
Beitrag
#6
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Naschkatze Gruppe: Members Beiträge: 453 Userin seit: 01.08.2005 Userinnen-Nr.: 1.940 |
Vielen lieben Dank euch allen für eure Antworten!
Dass ich nicht gleich geantwortet habe liegt vor allem daran, dass ich mich mit dem Thema des Briefes intensiv beschäftige und kurz eine "Auszeit" brauchte. Ich kann euch in euren Anmerkungen nur zustimmen. Kürzer ist besser, Wiederholungen vermeiden, das Hauptanliegen des Briefes herausstellen und Unwichtigeres eher weglassen. Bestimmt wende ich mich zu gegebener Zeit wieder an euch ... (IMG:style_emoticons/default/flowers.gif) Eigentlich wollte ich ja einen neuen Thread anstoßen, weil mir das Thema gefällt. Hat eine andere Lust von sich einen Brief, ein Kündigungsschreiben, eine Rede zum 80sten der Großtante oder was auch immer - anonymisiert natürlich - ein- und zur Verfügung zu stellen? |
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Vereinfachte Darstellung | Aktuelles Datum: 16.11.2024 - 09:24 |