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> Fixiert auf Therapeutin, (psychische Erkrankung, kann möglicherweise triggern)
Schräubchen
Beitrag 14.Oct.2020 - 13:48
Beitrag #1


Dreht manchmal durch...
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Gruppe: Members
Beiträge: 3.965
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Userinnen-Nr.: 685



Liebe alle,

ich wende mich heute einfach mal an euch, denn vielleicht weiß eine Rat. Vorweg muss ich sagen, dass es um eine psychische Erkrankung einer Freundin geht und das Thema entsprechend triggern könnte.

Wie gesagt, geht es um eine Freundin, nennen wir sie Lena, die ich seit ein paar Jahren kenne. Unsere Wege haben sich im Laufe der Zeit immer wieder überschnitten, was ein Grund war, dass wir uns anfreundeten. Das und die Tatsache, dass sowohl sie als auch ich psychisch krank sind. Viele Anknüpfungspunkte also.

Im Laufe der Jahre war sie immer in therapeutischer Behandlung bei einer Frau im Nachbarort. Lena wohnt am anderen Ende der Kommune, leitet hier aber den Kinderchor, in dem die Kinder der Therapeutin einige Zeit waren.
Schon vor ungefähr zwei Jahren hat die Therapeutin empfohlen, dass Lena besser zu einer anderen Therapeutin wechselt, da sie ihr nicht mehr helfen könnte. Hinzu kam, dass Lenas Krankenkasse die Therapieform nicht mehr bezahlen wollte. Lena hatte aber die Möglichkeit zu jemand anderem zu gehen, der eben einen anderen Ansatz hat. Doch das wollte sie damals schon nicht. Stattdessen hat sie die Sitzungen aus eigener Tasche bezahlt.

Da Lena und ich viele Anknüpfungspunkte haben, aus denen eben eine Freundschaft wurde, hat sie mir viel von all dem erzählt. Ich habe sie meist reden lassen, weil es in der Regel half, einfach da zu sein.

Anfang des Jahres wollte die Therapeutin einen klaren Schnitt machen. Die Kinder waren schon vor längere Zeit aus dem Chor abgemeldet und trotz aller Versuche Lena eine andere Therapeutin zu empfehlen, weigerte sich diese zu gehen. Mittlerweile kann Lena zu einer anderen gehen, sträubt sich aber davor und will nach wie vor zu ihrer alten zurück.
Anfang der Woche war sie abermals da, weil sie sich als Notfall ausgegeben hat. Dabei hat die Therapeutin wohl sehr klar deutlich gemacht, dass sie nicht mehr kommen solle.

Mittags rief Lena mich an. Da ich sie vor lauter weinen nicht verstehen konnte, bin ich zu ihr gefahren. Zuerst habe ich, wie immer, erstmal zugehört, ihr die Möglichkeit gegeben, wieder runterzukommen. Doch die Dinge, die sie sagte, haben mich ein Stück weit alarmiert. Nicht, dass sie sich irgendetwas antun wollte, sondern dass sie so eine Fixierung auf diese Therapeutin hat. Die neue Therapeutin macht, welch Überraschung, alles falsch. Lena kann diese nicht leiden und überhaupt will sie gar keinen Wechsel. Ich habe versucht ihr klarzumachen, dass dieser Wechsel nicht schlecht sein muss. Natürlich muss die „Chemie“ zwischen Patient und Therapeut stimmen, da spreche ich aus Erfahrung. Dennoch habe ich den Eindruck, dass Lena sich sträubt, weil sie auf ihre alte Therapeutin zu sehr fixiert ist. Das zeigt sich auch darin, dass sie überlegte, einfach hinzufahren, oder beim Ehemann anrufen wollte, damit die Therapeutin auf diesem Weg mit ihr reden müsse. Von beiden Ideen konnte ich sie abbringen, auch durch eine weitere Freundin, die mittlerweile ebenfalls da war.

Wir haben versucht Verständnis zu haben, ihr das Gefühl zu vermitteln, dass wir als Freunde zu ihr halten. Gleichzeitig haben wir dafür gesorgt, dass sie eben nicht stalkermäßig hinfährt und ihr vorsichtig andere Möglichkeiten aufgezeigt. Von denen wollte sie gar nichts wissen. Ständig kam nur sowas wie, sie wolle das nicht und sie sei doch kein schlechter Mensch und was sie denn falsch gemacht habe, dass ihre Therapeutin sie so fallen ließe, etc.
Gestern hatte sie dann einen Termin bei der neuen Therapeutin, zu dem sie auch gefahren ist. Allerdings erst, nachdem wir ihr abermals gut zugeredet haben. Welch Überraschung, die Neue machte alles falsch, verstünde sie nicht und sie wolle zurück, der ganze Sermon von vorn.

Und nun weiß ich nicht, was ich tun soll. Einerseits will ich für Lena da sein, ihr helfen mit der Situation klar zu kommen. Andererseits verstehe ich nach all dem, ihre alte Therapeutin sehr gut. Sie muss sich abgrenzen und hat schon vor zwei Jahren deutlich gemacht, dass sie nicht mehr helfen kann. Warum sie dennoch weitere Sitzungen mit Lena gemacht hat, bleibt wohl ihr Geheimnis und verstehe ich ehrlich gesagt auch nicht. Denn schon da kristallisierte sich heraus, dass da irgendetwas nicht stimmte. Aber das war nur so ein Gefühl meinerseits.

Ich habe nochmal versucht, mit Lena zu reden, genau wie die andere Freundin, doch sie will nichts anderes hören. Andere Therapeutin – will sie nicht. Klinik – will sie nicht. Tagesklinik – will sie nicht. Reha – will sie nicht. Usw.

Mein Problem ist grade, dass ich die Therapeutin total verstehen kann, ich gleichzeitig aber auch nachvollziehen kann, wie Lena das ganze sieht. Auch mir ist es damals schwergefallen, die Therapie zu beenden. Nicht, weil ich fixiert war, sondern weil ich diese sichere Blase der Gespräche komplett verlassen sollte. Ich will Lena helfen, bin aber mit meinem Latein am Ende.
Glaubt ihr, ich sollte weiterhin versuchen, mit ihr zu reden, oder wäre es vielleicht besser einfach da zu sein, wie zu Anfang dieser ganzen Geschichte? Möglicherweise ist es sinnvoll sie erstmal allein zu lassen?
Noch kann ich das Ganze von mir wegschieben und mich selbst abgrenzen. Doch auch ich habe meine Grenzen, was ich psychisch alles ertragen kann. Wir sind befreundet und mir ist diese Freundschaft wichtig. Allerdings habe ich keine Ahnung, ob ich das weiterhin aushalte.

Entschuldigt, dass das ganze etwas, gut, viel länger geworden ist, wäre aber für ein paar Gedanken außenstehender Menschen dankbar.
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Hortensie
Beitrag 14.Oct.2020 - 16:37
Beitrag #2


"Jeck op Sticker"
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Beiträge: 14.609
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Hallo Schräubchen,

zunächst einmal: Vielen Dank für dein Vertrauen.

Das bist eine ihrer Freundinnen und Du hast deine Grenze erreicht.
Den Therapiekonflikt kannst Du nicht lösen.
Deine Freundin Lena ist Therapiepatientin und das ist keine Profession, deshalb kann und wird niemand eine Art professionelles Verhalten von ihr erwarten. Sie kann ihre Therapeutin lieben, hassen oder whatever.

Die Therapeutin ist der Profi, die für ihre Arbeit erst von der Krankenkasse und dann von deiner Freundin Lena für ihre therapeutische Arbeit bezahlt wurde.

Mein Rat wäre:
Achte auf deine Grenzen und stehe deiner Freundin zur Seite, ohne dass deine Grenzen überschritten werden oder Du überlastet wirst.
Das ist auch keine Profession und Du kannst es so unprofessionell machen, wie es Dir gut tut.
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Mondstern
Beitrag 14.Oct.2020 - 18:43
Beitrag #3


Großer Hund
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Hallo Schräubchen,

das ist eine wirklich verzwickte Situation, und ich kann alle Beteiligten irgendwo verstehen. Lena möchte bei der Therapeutin bleiben, weil sie sich dort gut aufgehoben fühlt, und vermutlich auch, weil die Therapeutin sie schon so lange begleitet und gut kennt - man will ja nicht unbedingt nach Jahren nochmal allen Sermon von vorne erzählen. Die Therapeutin sieht sich aber in ihrer Profession nicht mehr in der Lage, ihr weiterhin zu helfen. Aus welchen Gründen, das lässt Du offen, ist hier ja aber auch nicht so wichtig.
Da es hier um Dich geht und um Deine Lage in dieser Geschichte, möchte ich vor allem darauf eingehen. Du bist Lenas Freundin, und Du möchtest gern für sie da sein. Du hast Ansätze gezeigt, ihr Problem für sie zu lösen: Du hast ihr verschiedene Möglichkeiten vorgeschlagen, wie sie einen Ausweg finden kann. Das Problem scheint zu sein: sie will gar keinen Ausweg. Sie will zu ihrer Therapeutin zurück. Und sonst nichts.
Und nun ist die Frage: was macht das mit Dir?
Reicht es Dir, ihr einfach zuzuhören?
Reicht es Dir, für sie da zu sein, wenn sie jemanden braucht?
Solange das so ist, tu das. Hör ihr zu. Nimm sie in den Arm. Was auch immer.
Denn: sie will keine Lösung. Jedenfalls keine, die Du ihr bieten kannst.
Und wenn Du merkst, es belastet Dich zu sehr, dann sei um eurer Freundschaft willen ehrlich zu ihr und sag "Du, ich kann das nicht mehr. Ich sehe, was Du willst. Ich kann Dir da nicht raushelfen. Wie gehen wir damit um?"
Wichtig: lade keine Last auf Deine Schultern, die garnicht für Dich bestimmt ist. Zum Beispiel: Du bist nicht dafür verantwortlich, Deine Freundin vom "stalken" ihrer Therapeutin abzuhalten. Sie ist ein erwachsener Mensch. Die Therapeutin ebenso. Die können das alleine klären. Ich meine damit nicht, dass Du nicht mit ihr darüber reden sollst, wenn sie sowas plant, nur: wenn sie es tut, und Du hast es nicht verhindert, dann ist das nicht Deine Schuld. Ich hoffe, Du verstehst den Unterschied.
Sei für sie da, so viel Du kannst. Das ist wichtig.
Achte Deine Grenzen. Das ist genauso wichtig.
Denn schließlich hast Du auch Dein eigenes Päckchen zu tragen.

Mondstern
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Lucia Brown
Beitrag 14.Oct.2020 - 19:58
Beitrag #4


- keep it up you go girl -
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ZITAT(Schräubchen @ 14.Oct.2020 - 14:48) *
Möglicherweise ist es sinnvoll sie erstmal allein zu lassen?

Welche Menschen sind in der Nähe von Lena? Hat sie Freunde, Familie, Nachbarn?

Der Beitrag wurde von Lucia Brown bearbeitet: 14.Oct.2020 - 19:59
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McLeod
Beitrag 14.Oct.2020 - 20:41
Beitrag #5


mensch.
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ZITAT(Schräubchen @ 14.Oct.2020 - 14:48) *
Ich will Lena helfen, bin aber mit meinem Latein am Ende.


Hallöchen,

hui, Lena bringt viel Dynamik und Bewegung in die Sache, hm? Ich verstehe, dass Du helfen willst. Ich habe eine Freundin, nennen wir sie Manu, die viele Jahre ihre Probleme und Fragen mit mir besprach. Ich örte viel zu und ich machte viele Lösungsvorschläge, auch mit - wie ich fand - klugen Fragen. So dass sie selbst die Lösung finden könnte (denn wo ist die Kompetenze für Lösungen höher, als bei der suchenden Person?)...

Manu erklärte mir immer, warum es nicht gehe, mit der Lösung 1, 2 oder 3. Denn irgendwie hab ich trotzdem immer was vorgeschlagen. Es schien so auf der Hand zu liegen, dass es diese 1, 2 und 3 Optionen gab. Oder ABCDE...

Irgendwann lernte ich ein wenig was zum Prinzip der hilflosen Helfenden oder auch der klagenden Ratsuchenden. Manche sind auf dem Weg der Veränderung und Therapie. Andere werden von von Partner_innen oder dem Umfeld "geschickt". Und die dritte Gruppe sind die Klagenden. Sie stecken fest, wollen Hilfe, aber eigentlich geht nichts. Es ist schwer, das auszuhalten, als Gegenüber, wenn es nicht so klar ist.

Als ich dieses Prinzip auf einem Seminar kennenlernte, war ich gerade zufällig bei Manu zu Besuch. Am Abend fing sie wieder an mit der aktuell unerträglichen Situation ihres Lebens - sagen wir im Job. Statt ihr gut zuzureden und ihr helfen zu wollen, wie die 10 Jahre zuvor, habe ich an jenem Abend sehr ehrlich und offen gesagt: "Manu, das ist echt schlimm da bei Dir im Job. Ich sehe das ja schon seit Jahren, wie schlecht es Dir geht. Es tut mir sehr leid, dass es keine Lösung gibt, egal wie sehr Du Dich bemühst. Ich würde Dir echt von Herzen eine bessere Lebenssituation wünschen."

Dann schwiegen wir.

In mir löste sich eine Verspannung, die ich schon gar nicht mehr als solche wahrgenommen hatte. Die ich immer hatte, wenn wir uns sahen oder sprachen. Ich hab die Verantwortung für die Lösungen an jenem Abend an Manu zurückgegeben.

Zuhören, ohne abzuwehren, sondern die Verzweiflung und lange Leidenszeit ehrlich anzuerkennen - das war damals ein Schlüssel. Nach über 10 Jahren gedanklich im Kreis rennen. Stundenlange Telefonate. Ich war oft richtig ärgerlich, weil es immer nur Widerspruch und Bedenken und Geht-Nichts gab...

Wenn Du Abstand brauchst, um Dich zu sortieren, nimm Abstand. Aber nicht weil Du denkst, dass das *für sie* irgendwas löst. Sobald der Grund für Dein Handeln ist, dass es *ihr* hilft... lass den Gedanken los - wenn ich Dir meinen Schlüssel geben kann. Vielleicht ist es bei Dir etwas leicht oder ganz anderes. Ich nehme mir Abstand, wenn ich merke, dass ich ins Helfen abrutsche. Manu und ich sind es ja sehr gewohnt, dass ich Hilfsideen entwickle ;-)

Das ist das, was ich gerade hier lassen kann. Alles Gute Dir!
McLächel
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Schräubchen
Beitrag 18.Oct.2020 - 13:53
Beitrag #6


Dreht manchmal durch...
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Ich danke euch, für eure Worte. Manchmal muss man einfach gesagt bekommen, dass es ausreicht, was man macht oder auch nicht macht.

Lena hat keinen Partner aber Familie (im Sinne von Eltern und Geschwistern) und einen großen Freundeskreis mit ein paar sehr engen Freunden.
Zu letzteren zähle ich. Deshalb kann und darf sie sich bei mir "ausheulen". Genauso wie ich das auch bei ihr kann.
Wir sind schon vor langer Zeit überein gekommen, dass wir uns sagen, was wir aushalten bzw. von der anderen mit tragen können.
Leider merke ich häufig erst sehr spät, wieviel das ist. Meine Ärztin hat das mit meiner Hochsensibilität erklärt.
Auf Grund derer kann ich sehr gut in Extremsituationen funktionieren, rational Denken und halte eine Menge mehr aus, als manch anderer.
Wenn dann irgendwann Ruhe einkehrt, die anderen das Tal verlassen, bin ich diejenige, die stehen bleiben muss, um erstmal wieder zu Atem
zu kommen. Solche Situationen habe ich schon mehrfach erlebt, sei es bei familiären Schicksalsschlägen oder bei erster Hilfe, oder, oder, oder.
Ich habe ihr mittlerweile gesagt, dass ich grade nicht mehr aushalte, auch weil in meiner Verwandtschaft/Familie grade eine Menge Sch***
zusammenkommt. Und das ist für sie in Ordnung, denn sie weiß, was bei mir grade los ist.
Außerdem können wir uns im Moment, dank des Inzidenzwertes, nicht sehen, wodurch sich das füreinander-da-sein eh in andere Bahnen
verschoben hat, Philipp Reis sei Dank. Am Telefon redet es sich anders, als von Angesicht zu Angesicht.

Das ich Lena letztendlich nicht dabei helfen kann, ihre Probleme zu lösen, sondern sie höchstens begleiten kann und einfach nur da bin, wenn
sie jemanden braucht, bei der sie sich fallen lassen kann, ist mir eigentlich klar. Es war nur wichtig, dass eben mal von jemandem zu hören
der gar nichts damit zu tun hat.

Deshalb (IMG:style_emoticons/default/flowers.gif) (IMG:style_emoticons/default/flowers.gif) (IMG:style_emoticons/default/flowers.gif) (IMG:style_emoticons/default/flowers.gif) an euch.
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