Ärztliche Schweigepflicht und Datenschutz, zwischen Selbstbestimmungsrecht und Pers |
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Ärztliche Schweigepflicht und Datenschutz, zwischen Selbstbestimmungsrecht und Pers |
05.Sep.2004 - 00:40
Beitrag
#1
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Satansbraten Gruppe: Members Beiträge: 550 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 55 |
Ärztliche Schweigepflicht und Datenschutz
...zwischen Selbstbestimmungsrecht und Personenschutz Nachdem die Datenschutzregelungen auf einer Seite verschärft und auf der anderen gelockert wurden, fiel mir an einer Stelle das Arzt- Patienten Verhältnis ins Auge. Informationen diesbezüglich haben ja manchmal seltsame Regelungen. So darf dir dein Arzt z.B. nicht ohne Grund, also frei heraus einfach so deine (eigene, wohlgemerkt!) Blutgruppe sagen. Die offizielle Begründung lautet- aus Datenschutzgründen. Wieweit hat also der Mensch noch Recht auf seine eigenen Daten? Auf der anderen Seite stehen auch Ärzte immer wieder vor menschlichen Entscheidungen, welche das eigentliche Aufgabenfeld übertreten. Dann habe ich als Beispiel an anderer Stelle das Gewissensproblem eines Bekannten erfahren. [Ich will hier nicht diesbezüglich wegen meines Bekannten diskutieren, er hat seine Entscheidung getroffen. Mich interessiert das Problem an sich, wie man damit umgehen kann- und wie ihr es seht. Mich jedenfalls hat die Situation lange beschäftigt.] Ein Patient von ihm ist intersexuell- er kann also u.a. keine Kinder zeugen. Er ist aber verheiratet und hat 4 Kinder... Seine Intersexualität kam bei einer anderen Untersuchung zutage- er weiß nichts davon. Nun- inwieweit darf ein Arzt in das Leben eines Patienten eingreifen? Auf der einen Seite stehen seine (wenn zwar nicht biologischen, aber gefühlsmäßigen) Kinder, seine Familie, die keinen unglücklichen Eindruck gemacht haben soll, auf der anderen Seite die Wahrheit, die sein Leben und sein Lebensverständnis im Grunde erschüttern wird. Man greift ja nicht nur in sein Leben, sondern auch in das von vier unbeteiligten Kindern ein. Wo ist also der Grad zwischen „Recht“ auf Selbstbestimmung und Personenschutz? Nachdenkliche Grüße, Gilgamesch |
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05.Sep.2004 - 10:33
Beitrag
#2
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Suppenköchin Gruppe: Members Beiträge: 104 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 87 |
Dies ist eine Frage, die in den nächsten Jahrzenhnten zunehmend an Bedeutung gewinnen wird. Der gläserne Mensch – ich denke, so oder so, er wird kommen. Einerseits sind die technischen Möglichkeiten, Daten zu gewinnen und miteinander in Beziehung zu setzen, gegeben und dies wird auch schon sukzessive genutzt und ausgebaut. Andererseits steigt der Hunger nach Daten, worin sich das wachsendes Bedürfnis zeigt, in prekären Situationen Handlungsoptionen und -kontrolle gewährleisten zu können. Beides zusammen wird eine Eigendynamik entwickeln, gegen die der Datenschutz, so wie er in der Vergangenheit positioniert war, zunächst nicht allzuviel ausrichten kann. Allerdings ist m.E. der Versuch erkennbar, die verschiedenen Formen der Datenerhebung offenzulegen und ihre letztendlich kommerzielle Nutzung einzuschränken. Im medizinischem Bereich, der ja - wie z.B. durch die Schweigepflicht deutlich wird - einen besonderen Stellenwert besitzt, dürfte noch viel Datenschutz gegeben sein; ich gehe jedenfalls davon aus, dass Ärzte, Kliniken, KV u.ä. ihre Daten bei sich behalten.
Was du mit diesem Beispiel ansprichst, könnte man fast schon als ein ethisches Dilemma bezeichnen. Soweit ich weiß, sind deshalb auch die rechtlichen Vorgaben bewußt schwammig gehalten – jenseits der Informationspflicht wird es als Teil seiner Aufgabe angesehen, dass der Arzt unter besonderen Umständen die Frage, wann er was dem Patienten sagt, in dessem Sinne abzuwägen hat. Er muss also zunächst seine eigenen Vorstellungen von denen des Patienten unterscheiden können, was alleine schon schwierig genug sein kann, doch das eigentliche Problem ist, dass er nur vermuten kann, wie der Wille des Patienten aussehen könnte; die Verantwortung für mögliche Konsequenzen muss dabei in den Hintergrund treten, die obliegt im Regelfall nicht mehr dem Arzt (würde z.B. im Extremfall der Arzt annehmen, dass der Patient eine solche Information haben will, aber die Gefahr bestünde, dass er anschließend ein Blubad anrichtet, sieht die Sache wieder ganz anders aus). Es handelt sich also um ein Abwägen recht unterschiedlicher grundsätzlicher Überlegungen, die mit viel Unsicherheit verbunden sein kann, weswegen ich eine solche Situation u.U. in die Nähe eines ethisches Dilemmas rücken möchte. Für mich persönlich wäre als Patientin (wie auch als Ärztin) jedenfalls die Informationspflicht eine ganz wesentliche Richtlinie, der zu folgen ist, soweit es nur ginge. Die rechtlichen Aspekte versuchen dies zu erfassen, dienen aber in erster Linie der Absicherung und würde ich zuminderst in diesem Fall nicht all zu hoch bewerten. Der Beitrag wurde von Laura bearbeitet: 05.Sep.2004 - 10:45 |
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05.Sep.2004 - 15:42
Beitrag
#3
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Satansbraten Gruppe: Members Beiträge: 550 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 55 |
Was heiß das für dich in diesem Fall? Würdest du ihm auf die Gefahr hin sein Leben und das von unschuldigen Beteiligten zu verletzen die Wahrheit sagen? Es ist ja nun zudem Intersexualität- das bedeutet weit mehr als "Das sind dann ja gar nicht meine Kinder...". Dein Selbstbild und auch Teile deines Weltverständnisses werden auf eine harte Probe gestellt. Was bin ich? Die Wahrheit ist ein Wert, der auch m.M. dem Patienten zustehen würde- aber in manchen Fällen erscheint die Warheit auch als nicht wünschenswertes Gut. Wie hoch ist der Wert von Wahrheit? Nachtrag: Zum gläsernen Menschen- das passt gerade zum ethischen Fragebeispiel. Dein Arzt kann dir auch (unabhängig von dieser Situation) nicht einfach sagen (wenn denn dem so wäre), dass du intersexuell seist, weil es ja genetische Daten sind. Das Datenschutz wichtig ist, steht außer Frage- aber wer und was wird denn beim Verschweigen von sich selbst betreffenden daten geschützt? Der Mensch vor sich selbst? |
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05.Sep.2004 - 18:00
Beitrag
#4
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Suppenköchin Gruppe: Members Beiträge: 104 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 87 |
Wie schon gesagt, das kann ich so allgemein nicht beantworten. Es hängt davon ab, wie der Arzt den Patienten - seine Lebenssituation, seine Belastungsfähigkeit und sein Bewältigungspotential u.ä. - einschätzt; daran würde ich es neben medizinischen Fragen festmachen, denn darin zeigen sich ja gerade die besonderen Umstände. So gibt es z.B. Menschen, die im Laufe eines Jahres zig-mal ÄrztInnen aufsuchen, vielleicht sogar operiert werden, und sie wissen dennoch nicht, woran sie erkrankt sind – sie wollen es auch nicht wissen! Ferner macht es einen Unterschied, ob man Facharzt in einer Klinik ist und den Patienten gerade erst kennengelernt hat, oder ein vertrauter Hausarzt, den ihn schon seit Jahren behandelt und einen Draht zu ihm gefunden hat. Wahrheit an sich, allen voran eine, die Menschen zutiefst verunsichern und ängstigen kann, hat nach meinem Empfinden keinen hohen Stellenwert – sie ist nicht Selbstzweck. Sie erhält ihre Bedeutung immer erst in einem konkreten Kontext, und in diesem Zusammenhang ist es nötig, seine eigenen Motive, also die des Arztes, gewissenhaft zu prüfen. Wenn der Arzt selber beispielsweise intersexuell wäre, dann würde sich die gesamte Situation schon wieder anders darstellen. Es geht hierbei auch nicht darum, ob jemandem die Wahrheit zustünde, sondern ob und aus welchen Grund man sie ihm vorenthält - das ist ein anderer Akzent! Es ist auch nicht die Wahrheit an sich, die verletzt, sondern oftmals eine Lüge, die dahinter schlummert ("das sind nicht meine Kinder"). Es ist auch nicht die Wahrheit an sich, die große Ängste auslösen kann, sondern der Umstand, dass mit ihrer Kenntnis ein grundlegendes Selbstverständnis (Cis-Sexualität) erstmals in Frage gestellt wird. Höchst bedenklich würde ich die Entscheidung des Arztes allerdings dann bewerten, wenn er sie aus einer Art Wahrheitsverpflichtung heraus gefällt hätte. Der Beitrag wurde von Laura bearbeitet: 05.Sep.2004 - 18:29 |
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05.Sep.2004 - 18:28
Beitrag
#5
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Satansbraten Gruppe: Members Beiträge: 550 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 55 |
Das Wahrheit immer im Zusammenhang von etwas steht, ist klar. Und das eine eventuell dahinterstehende Lüge oder die Erschüttertung des Selbstbildes- also die Folgen der Wahrheit das eigentlich heikle sind, habe ich ja auch schon bereits erwähnt. Menno- kannst du nicht mal irgendetwas sagen, wo ich nicht deiner Meinung bin? Wie soll denn hier eine Diskussion entstehen... :wink: Aber dennoch halte ich gewisse Regelungen für menschenunwürdig. Wenn jemand den Arzt bittet, ihn zu untersuchen und Blutgruppe (die aber komischerweise bei Blutspenden dann wiederum frei heraus gesagt werden kann...), Geschlechtschromosomensatz o.a. zu sagen und dieser es aus sinnwidrigen Regelungen nicht unbedingt straffrei kann... Da setzt sich mein Verständnis auseinander. Du meintest-
Aus welchem Grund dürfte jemand nicht seine eigenen Daten erfahren, wenn er sie erfahren will! Da mischt sich dann eben doch die Frage nach einem Recht auf „Wahrheit“ ein. Immerhin kann der Mensch Entscheidungen für sich fällen- aus eigener Verantwortung heraus. Die würde man ihm mit solch einem Vorgehen (bei dem Wille, etwas herauszufinden) absprechen. Wer wird hier wirklich vor was geschützt? Der Beitrag wurde von Gilgamesch.Minerva-ath bearbeitet: 05.Sep.2004 - 18:29 |
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05.Sep.2004 - 18:35
Beitrag
#6
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Suppenköchin Gruppe: Members Beiträge: 104 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 87 |
Ja, ich befürchte auch, dass wir da ähnlicher Meinung sind. Oh wie schrecklich! :P
Das verstehe ich nun nicht! Welche sinnwidrige Regelung? Vielleicht solltest du doch ein paar Takte dazu sagen, was sich da eigentlich zugetragen hat. Der Beitrag wurde von Laura bearbeitet: 05.Sep.2004 - 18:37 |
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05.Sep.2004 - 18:45
Beitrag
#7
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Satansbraten Gruppe: Members Beiträge: 550 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 55 |
Hier rede ich von der allgemeinen (nicht das Beispiel) Regelung, die ich im Anfangsbeitrag als erstes angesprochen habe- die Verweigerung der Information der eigenen Blutgruppe. Ist also losgelöst vom Beispiel. Also zum drittenmal (na immerhinh haben wir Verständigungsschwierigkeiten- wenigstens etwas, worüber wir diskutieren könnten... :lol: )- dein Arzt darf dir nicht einfach auch wenn du ihn fragst) diene Blutgruppe verraten. Aus "Datenschutzgründen"- er würde sich in der Tat damit strafbar machen. Wir reden hier von der eigenen Blutgruppe... Also das nenne ich eige nsinnwidrige Regelung- du wirst vor deinen eigenen daten geschützt- die gleichzeitig eine wichtige Rolle in deinem Leben spielen- was ist bei einem Unfall... Der Beitrag wurde von Gilgamesch.Minerva-ath bearbeitet: 05.Sep.2004 - 18:45 |
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05.Sep.2004 - 21:38
Beitrag
#8
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Suppenköchin Gruppe: Members Beiträge: 104 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 87 |
Bitte hilf mir (oder irgend jemand anders): etwas in dieser Art ist mir noch nicht zu Ohren gekommen! Aufgrund welcher (abstrusen) Regelung würde dies so gehandhabt werden? :wacko: Also ich hätte gerne Fakten, Fakten, Fakten! (Ausführungsbestimmungen, Verordnungen, Gesetzestexte - irgend etwas in dieser Art) :( Nachtrag: Kannst du ausschließen, dass du da u.U. etwas falsch interpretiert hast? Der Beitrag wurde von Laura bearbeitet: 05.Sep.2004 - 21:50 |
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06.Sep.2004 - 21:23
Beitrag
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Satansbraten Gruppe: Members Beiträge: 550 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 55 |
Gut- habe mich nocheinmal richtig erkundigt und hatte tatsächlich etwas falsch verstanden- der Test einer Blutgruppenanalyse wird lediglich nicht von der Kasse getragen und der Patient muß die Untersuchung- also die Laborkosten selbst zahlen. (Wobei ich leider deren begründung nicht kenne, die mich allerdings interessieren würde, da dies eine wichtige Information in medizinischen Notfällen sein kann). Allerdings gab es wirklich einen Mediziner, der einer Patientin eben die Information ihrer Blutgruppe mit eben diesem Argument verweigert hatte. Insofern können auch Fachexperten sich mal täuschen :wink: .
Dennoch- auch wenn der Patient nun doch ein Recht auf seine eigenen Daten zu haben scheint- inwiefern weiß er über ihre Verwendung? Eben da sehe ich Probleme- wie weit seine Daten verwendet werden und wo sie überall gespeichert sind- da wird dem Einzelnen eben doch allzu oft Auskunft verwehrt- oder nur schwammig begründet. Zumindest weiß Otto-Inge-Hans-Schmalmüller sicherlich nicht, was wie und weshalb wo wie lange gespeichert wird... Und da sehe ich Probleme. Wir hatten die Thematik ähnlich bei der Diskussion um die Verwendung biometrischer Daten. Vielleicht kannst du @Grandes, als sich vorstellende Expertin, ein wenig dazu sagen, inwieweit die Richtlinien zur Speicherung privater Daten (biometrische Muster, wie auch Alltagsdaten- Kontoführung,etc...) sich inzwischen erstrecken und ob es auch Schlupflöcher und Grauzonen gibt. Schließe mich zudem aber auch Lauras Fragen bezüglich der Rechtslae der Kinder an, das tät mich ebenfalls interessieren. Der Beitrag wurde von Gilgamesch.Minerva-ath bearbeitet: 06.Sep.2004 - 21:23 |
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