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> Ambivalenz - wie da raus kommen?
MsJones
Beitrag 22.Aug.2017 - 14:16
Beitrag #1


Fürstin Pückler
*********

Gruppe: Members
Beiträge: 242
Userin seit: 18.09.2016
Userinnen-Nr.: 9.663



Hallo liebe Frauen,

nach etwas längerer Zeit, melde ich mich mit persönlichen Entwicklungen zurück, die für mich gerade sehr wichtig sind und ich das Gefühl habe, ich kann neue Schritte gehen, um mich beizeiten zu schützen. Das möchte ich festhalten bzw. mit euch teilen - vielleicht kann die eine oder andere von euch was Hilfreiches 'mitnehmen'.

Diesmal (im Vergleich zu den 'Geschichten' in meinem Mut-Thread) hat eine Frau an mir sowas wie 'Interesse' gezeigt oder besser gesagt, ist sehr überraschend auf eine private Ebene gegangen. Ich war anfangs damit fast überfordert ...

Wir 'kannten' uns als Kolleginnen bis dato kaum, bis auf gelegentliche Zusammenarbeiten, die stets professionell und super effizient abliefen. Das machte einfach Freude, diese super Kooperationen.
Mir fielen ab und zu ihre Blicke (Blickontakt, kaum entziehbar) auf, ihr Lächeln - ihre Ausstrahlung hatte 'was': so eine Aura von distanzierter Unabhängigkeit. Wie sie sich bewegte, so ästhetisch, fast tänzerisch - in weiten Leinenhosen und -gewändern. So mit Esprit versehen. Sehr schön.
Ich nahm im Kontakt mit ihr manchmal so eine komische Befangenheit wahr, konnte nicht ausmachen ob das meine oder ihre ist.
Fühlte mich oft einen Ticken unsicher, denn ich bewunderte sie - nein, ich verehrte sie fast wie eine 'Königin', irgend sowas.

Sie ist bei uns z.B. für die musikalische Begleitung von Veranstaltungen zuständig, gibt Konzerte und bildet angehende Sänger aus. Spielt mehrere Instrumente und malt auch noch.
Durch Zufall fand ich letztens in einer älteren Zeitschrift eine Zeichnung von ihr, die ich sehr schön fand. Eine zarte Bleistiftführung, so feinsinnig, so zart.
Als sie wieder mal bei mir im Büro zu tun hatte, fragte ich sie, ob sie mir das Originalblatt mal zeigen würde und machte ihr ein Komplment a la "sie haben Talent". Das wisse Sie.
Sie freue sich über mein Interesse - einen Tag später stand sie vor mir und überreichte mir das Original. Wow! Ich fühlte mich geehrt.
Ich wußte noch von einem Malkurs, den sie besucht hatte und sie meinte, dass sie da Fotos zeigen könne.
Es entstand ein etwas persönlicheres Gespräch, wo sie überraschend sagte, dass sie kaum was von mir wisse und fragte interessiert dies und das.
Das tat mir gut. Ich freute mich sehr darüber.

Als sie aus dem Urlaub zurückkam, erzählte sie mir, dieser sei nicht gut gelaufen und es ginge ihr nicht gut - mich berührte das.
Ich brachte ihr ein paar Tage später eine kleine Blume und wünschte ihr, dass es ihr bald besser ginge.
Sie freute sich, wurde rot und strich mir überraschend dankend über den Rücken - das ging mir schon nahe.

An diesem Tag sagte ich mir, dass ich hier aufpassen möchte, auf mich und mein Herz: nahm mir vor auf die professionelle Distanz zu achten.

Da bekam ich paar Tage später unerwartet eine private Mail von ihr auf meinem Dienstaccount, wo im Betreff die Betonung auf 'ganz privat' zu lesen war.
Boah. Ich fiel fast vom Stuhl und konnte das nicht glauben.
Sie schickte mir darin ein Foto eines ihrer Bilder aus dem o.g. Kurs und dass sie sich über mein Interesse daran freue und dass sie "versucht" sei mir noch mehr zu zeigen.

Ehrlich gesagt, wußte ich anfangs nicht wie ich damit umgehen sollte - fühlte mich wie gesagt fast überfordert.
Ich antwortete/dankte höflich mit einem dreizeiler und betonte, dass mir jetzt wichtig sei: die kollegiale und private Ebene sauber zu trennen bzw. das wir beide in der Lage sein werden das hinzubekommen. Ich würde ihr später noch meine Eindrücke zum Bild schreiben, wenn okay. Sie ließ das so stehen.
Eine Woche habe ich gebraucht, um erst einmal ein wenig Abstand zu bekommen und was gescheites zu schreiben.
Immer wieder die Frage, was läuft hier eigentlich? Nein, ich will mich nicht verrennen hier. Gut bei mir bleiben.

Die Mail bekam ich ganz gut hin, nicht zuviel,nicht zu wenig: sachlich-interessiert fragte ich zum Kurs und was das Malen für sie bedeute, ihr bringe.
Und das ich es verstehe, wenn ihr das Beantworten/Schreiben von privaten Mails zu zeitintensiv, Sie habe ja beruflich viel um die Ohren und möge mich das dann ruhig wissen lassen. Machte ihr den Vorschlag, dass wir gerne auch mal in Ruhe außerhalb der Arbeit/Zeitdruck einfach quatschen könnten, ganz entspannt, da sie mir ja schon einiges anvertraut hätte.

Ein paar Tage später sahen wir uns nach einer Veranstaltung wieder und sie sprach mich an. Es war so wie ich schon vermutete: keine Zeit um lange Mails zu schreiben. Ein Treffen bekomme sie auch bloß nicht hin. Sie habe so Freundinnen, die oft was mit ihr unternehmen wollen "geht meist von ihnen aus und habe oft ein schlechtes Gewissen", das sie keine Zeit oder nicht genügend zurückgeben könnte. Wo bliebe da sie. Nein-sagen-können fiele ihr schwer.
Ich hörte mir das alles in Ruhe an, drückte mein Bedauern aus "schade, wäre schön gewesen" (dachte, das ist eh eine Ausrede von ihr) und wollte schon gehen. Meine Enttäuschung verbarg ich vor ihr.
Sie wolle mir meine Fragen aus der Mail gern beantworten und ob wir in der Mittagspause reden könnten - ich sagte zu, obwohl ich da schon 'wußte', dass da auch bloß wieder Zeitdruck wäre (nur eine halbe Stunde Zeit) - möchte ich bei persönlichen Themen nicht so gerne und mir das nicht gut tun wird, weil es nicht reicht.
Plötzlich fing sie an zu weinen und äußerte ziemlich verworren: sie wisse manchmal selber nicht, wer sie eigentlich sei, fühle sich klein und schwach. Behutsam ging ich auf sie ein, tröstete sie - und, war ziemlich erschrocken. Sie könne gar nicht mehr aufhören zu weinen, hieß es.
Dann mußte sie ganz schnell gehen.
Ob ich sie mal in den Arm nehmen dürfte?
Ja, sie fiel mir in den Arm und wir hielten uns lange ... ein sehr bewegender Moment, der noch lange nachklang in mir.

Anschließend spürte ich in mir Distanzbestrebungen, auf Abstand beliben zu wollen, ein Durcheinander - das war schrecklich. Zu viel auf einmal.

Ich ging ihr auf der Arbeit aus dem Weg.
Sie bemerkte das und bat um ein Gespräch in der Pause.
Sie sei sooo dankbar für diese Begegnung mit mir, mein Verständnis habe ihr gut getan, sei alles so angenehm nah gewesen.
Schöne Worte.
Ich konnte erst einmal nichts sagen - wieder ging mir das alles viel zu nah, obwohl ich mich von ihr distanzieren wollte.
Mir fiel deutlich auf, dass sie sich viel um sich selbst dreht, mit dem was sie da sonst noch preisgab von sich.

Wenn ich von mir was erzählte ging sie darauf gar nicht ein bzw. nicht so, wie ich es mir wünchen würde in einem etwas näheren Kontakt.
Wieder mußte sie ganz schnell gehen.
Wieder gingen in mir die Szenarien los ... und ich kam nicht so recht klar mit der ganzen Situation.

Wir sahen uns zwei Tage später auf der nächsten Veranstaltung, die ich vorbereitete/begleitete - vorher hatte ich ihr eine freundliche Einladung geschickt, über die sich sehr gefreut habe wie sie mir mitteilte. Sie kam, strahlte mich sowas von an, sagte: sie habe nicht "widerstehen" können und wolle mir das "du" anbieten. Ich nahm es an, wenn auch noch sehr ungewohnt für mich ist.
Sie riß kurz ein Gespräch mit mir an, entschwand kurze Zeit danach zu jemand anders - sie ließ mich einfach stehen.
Mir gab das innen einen Stich.

Später mußte sie wieder ganz schnell gehen ... und hörte mir ncht richtig zu beim Verabschieden.

Und was mache ich dumme Nuss?
Schreibe abends nach dem 3. Sekt eine Mail als PS. und bedanke mich für ihr Kommen, was ein kleines Geschenk für mich gewesen sei (weil sie meine Einladung so toll fand). Als Anrede schrieb ich nur ein "du", danke dir ...

In der Antwort steht drin, dass sie diese Anrede irritiere und das sei ihr zu nah - ein Satz wie ein Holzhammer für meine empfindsame Seele.

Ich merke, es fängt an mir weh zu tun und es tut mir nicht gut das Ganze.


Vielleicht hat jemand einen Tip, wie ich am besten aus der Nr. rauskomme, ohne allzu viel Persönliches/Emotionales von mir zu zeigen.
Derzeit habe ich paar Tage frei (- göttinseidank).
Am liebsten möchte ich da gar nix mehr dazu sagen und das geschickt auslaufen lassen, dh. keine privaten Kontakte mehr, keine Gespräche mehr in der Mittagspause - das möchte ich ab nächste Woche professionell handhaben können.



Danke euch fürs Lesen und bin wie gesagt dankbar für jeden Hinweis oder Erfahrungen mit so einer Situation.

Gruß,
MsJones

Der Beitrag wurde von MsJones bearbeitet: 22.Aug.2017 - 15:22
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McLeod
Beitrag 05.Nov.2017 - 08:09
Beitrag #2


mensch.
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Hey MsJones,

Hammer, Hammer, Hammer... So viel passiert, so viel ist ausgesprochen und auch vieles unausgesprochen geblieben. Von außen betrachtet berühren mich Eure beiden Seiten sehr: Du, die Du mit Sehnsucht und dem Ausloten von beruhigendem, stabilisierendem Abstand und kurzen, entflammenden, wundervollen Momenten der Nähe kämpfst. Und sie, die sich immer erst erkundigt und es versucht, gut für Dich zu machen, während sie eine schwierige Klärung mit ihren Beziehungen (Ex und jetzt) in sich bewegt. Wenn Du die Momente beschreibst, in denen sie Dich fragt und Du Dich nicht entziehen kannst, weil ein "Nein" aus irgendwelchen tiefsitzenden Gründen nicht geht und Du Dir eigentlich nur wünschst, sie würde nicht fragen, sie müsse doch wissen... Die bewegen mich sehr. Ich kann diese innere Zerrissenheit und den warmem, süßen Moment mit der nachfolgenden bitteren Erkenntnis geradezu schmecken. (ich hab wohl selbst nicht gerade wenig davon gekostet, aber ich hätte es nie so gut ausdrücken können wie Du, es hat bei mir ganz, ganz lange gedauert, bis ich das sah, was Du schon beschreibst: Wie gut es Dir innerlich tut, Abstand zu haben. Wie unglaublich zauberhaft die kurzen Momente sind. Und wie sehr die Sehnsucht Dich treibt oder irgendwas es Dir kaum möglich macht, im direkten Gegenüber "lieber nicht" zu sagen.)

Ich kann zu Eurer Situation nicht viel mehr sagen, als dass ich viel bewegendes und viel Herz und auch Schmerz darin lese. Vielleicht eine Variante des Umgehens damit, wie sie bei mir war/ist... Ich hab ganz lange versucht, da zu sein und "halbnah" und "es müsste doch zu schaffen sein". Ich konnte es dann, nachdem ich es einige Wochen schon in mir trug, dass ich Abstand bräuchte, kaum aussprechen. Es hat mich durchgewrungen, als ich es dann tat. Und die Stille danach war ein Erholungsraum und gleichzeitig erstmal ein Gefühl von: Wir werden uns nicht mehr begegnen. Das war eine wirkliche Option oder diese Option Wirklichkeit geworden. Es fühlte sich komisch an. Und gleichzeitig kam ich zur Ruhe. Was lange offen und wund war und alle Energie und Gedanken gebunden hatte, heilte langsam. Endlich war wieder Zeit für mich. Als der Gedanke kam, ich will sie wiedersehen und gucken, wie es geht oder ob, habe ich ganz bewusst win ganz anderes Tempo gewählt. Wochenlanger Vorlauf vor dem ersten Treffen. Viel Ruhe, Zeit, wenig Berührung. Mein Fokus lag auf "wie geht es mir gerade und was brauche ich, damit es mir gut geht?" Und zwar ein gut, das realistisch für mich und von mir hergestellt werden kann. Es ist noch eine Erprobungszeit. Dieses Hamsterrad mit "sie wird es schon noch irgendwann merken und sagen, dass sie 'es' nun auch spürt..." Es rollt ab und zu los. Das hat was mit mir zu tun und ich hab noch keine Ahnung, was es ist, das es antreibt. Ich weiß jetzt, dass es mir dann hilft, nicht im Kontakt zu sein und ihn auch nicht zu suchen. Das ist hier im Vergleich zu Deiner Situation viel einfacher, wir arbeiten nicht zusammen und wohnen in verschiedenen Orten. Die Beschäftigung damit, dass ich solche inneren Dynamiken habe, hin zu etwas, das unterm Strich nicht so gut tut und welche Alternativen es zum Abbruch gibt (hop oder top, ganz oder gar nicht), sind ein ganz schöner Weg. Ganz schön lang und sehr bereichernd. Inzwischen erleben mich auch meine Freundesmenschen und Leute, die ich nur 2-3x im Jahr auf Seminaren sehen viel ruhiger und gelassener. Auch wenn, wie gesagt, das Hamsterrad nicht ganz weg ist. Es gehört (noch) zu mir.

Beeindruckend fand ich, wie klar Du siehst und spürst, wo es Dir wie geht... Und wie Du Dich quasi reden hörst "wie kann sie mich das fragen, sie weiß doch, dass ich nicht kann/will..."

Dein Guide, Dein Wissen und Spüren um Dich ist da.

Mehr hab ich gerade nicht, eigene Wege auszuprobieren und zu finden ist anstrengend. Und es lohnt sich.

Alles Gute Dir.
McLeod

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