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> Umgang mit Tieren
pandora
Beitrag 11.Apr.2009 - 09:07
Beitrag #61


auf dem Hochseil des Lebens balancierende Wölfin
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ZITAT(Sägefisch @ 10.Apr.2009 - 16:43) *
Ich frage mich dann aber, wieviel kategorischer Imperativ da drin steckt.

Wenn man der fleischhaltigen Ernährung die Legitimität aberkennt, positioniert man sich dann nicht ein Stück weit außerhalb der Natur? Ich meine nicht die Entscheidung der einzelnen für die einzelne sondern die moralische Dimension darin, die ja eine gewisse Allgemeingültigkeit beinhaltet oder beansprucht.



guten morgen sägefisch,

ich weiß nicht ob ich so weit gehen würde und der fleischhaltigen ernährung ihre legetemität aberkenne, aber unbedingt der art und weise wie fleisch heute zustande kommt.
ich persönlich kann mich nicht damit identifizieren, wie tiere gequält und gezüchtet und mit medikamenten zugespritzt werden, nur damit ich sie besonders saftig und fleischig verzehren kann.
wie gesagt, mir schmeckt ein gutes stück fleisch, ich verzichte mittlerweile weitestgehenst darauf, weil ich es eben nicht mit meinem gewissen vereinbaren kann, dass um meine lust zu befriedigen, tiere leiden müßen.
ich weiß nicht ob ich mit meinem statement deiner frage gerecht werde?
ich denke und handele nicht so verantwortungsbewusst und konsequent, wie es vielleicht DTAM und sonnenstrahl tun,aber ich bin überzeugt davon, das ich auch durch geringstes umdenken und bewussteres konsumieren schon ein ordentliches stück meiner persönlichen verantwortung übernehme.
und ja ich trage lederschuhe, besitze eine lederjacke und beabsichtige nicht sie in den müll zu werfen.
wie sonnenstrahl schon sagte, die tiere macht es nicht wieder lebendig und nimmt nicht das elend, welches sie bis zu ihrer schlachtung erleiden mussten.

gerne wollte ich noch einmal anmerken, da ich das gefühl hatte es könnte missverstanden worden sein.
ich habe nicht unbedingt ein problem mit der jagd im waidmännischen sinne, sondern mit abschlachten und respektlosem umgang mit lebewesen.
ich selbst habe unzählige tiere getötet/geschlachtet, weil dies in meinem ursprungsberuf (köchin) damals noch unerlässlich war.
ich angelte jahrelang in skandinavischen gewässern und verzehrte meine beute.
obwohl ich dies heute auch nicht mehr tun möchte/würde.
ich würde mir heute auch kein haustier "hund/katz" mehr anschaffen, wenn ich ihm nicht ein artgerechtes leben bieten könnte.


edit... ergänzung und korrektur

Der Beitrag wurde von pandora bearbeitet: 11.Apr.2009 - 09:13
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LadyGodiva
Beitrag 11.Apr.2009 - 09:53
Beitrag #62


Strøse
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Es vermischt sich in meinen Augen ja einiges hier: dass der Tod eines Versuchstieres nicht zwangsläufig zum besseren Zustand meiner Oberhaut führt, mag nur Menschen nicht einleuchtend sein, die entweder einer meinerseits als neurotisch empfundenen Leugnung der eigenen Natürlichkeit (Alterungsprozess) ausgeliefert sind oder Geld an eben jenen vorwiegend weiblichen Kundinnen verdienen. Insofern würde man bei einer Straßenumfrage wohl große Zustimmung ernten, fragte man nach Wunsch nach tierversuchsfreier Kosmetik.
Ich unterstelle jetzt eine schrittweise Abnahme der Akzeptanz "tiertodfreien Lebens" bei den Themenbereichen Grundlagenforschung, Bekleidungsmaterialien, Arzneimittelerprobung und letztendlich Nahrungs- und Genussmittel (unter letzteres würde ich beispielsweise ein gutes Steak zählen, während Butter eher den Nahrungsmitteln zuzuordnen ist).
Ingestion und Substanzverwertung sind für einige im besten Fall wohl Ausdruck von Natürlichkeit (dazu muss man den Gebissstatus als Tatsache nicht unbedingt belächeln) oder gar Appetenz, für andere im bedauernswertesten Fall Indiz für die Überwindbarkeit archaischer Gelüste.
Traurig wird's (schon erlebt (IMG:style_emoticons/default/wavey.gif) ), wenn die Sojawurst über dem Fegefeuer des Verzichts geröstet wird: satt machen notfalls auch Haferflocken mit Wasser.
Scham, Scheu beinhalten für mich Prozedurales - eine Auseinandersetzung mit Erlebnissen zu führen, die auf eine gegurtete Vorstellungswelt treffen.

Noch eingefügt: Ich finde es wenigstens schade, wenn eine dogmatische Änderung des Lebensstils auf eine quasi schon moralische Orthorexie zurückzuführen wäre - ein Phänomen, das ich im übrigen eher bei jungen Frauen als bei Männern beobachtet habe. Es mag sein, dass Fleisch und Fleischbeschaffung, -verzehr und -verwertung als archetypisch männlich gelten. Gleichzeitig beschleicht mich aber auch der Verdacht, dass auch die Komponente "Scham durch Konsum", Scheu vor dem eigenen Umsatz in der Welt und daraus resultierend eine gewisse geistig-physische Gespaltenheit etwas sehr gepflegt neuzeitlich-Weibliches ist.


Vielleicht bin ich auch nur in der glücklichen Lage, dass mir sowohl Tofu als auch Steak sehr gut munden und der (aus vielen Gründen) bedachte Lebensmittelkonsum keinen Erfahrungsbereich berührt, der mir den Appetit am Einverleiben verleidet.
Weil ich doch einiges sehe: sowohl, was die gesundheitlichen Konsequenzen drastischen Fleischkonsums für das Individuum und den Globus betrifft, als auch schrittweise wortwörtlich begreifen darf, was mich formt - und im fortschreitenden Wissen um die Unwägbarkeiten des delegierten Hegens, Erntens und Tötens auch immer mehr selbst Hand anlegen möchte. Und als Endglied im Getriebe einen satten Kompromiss aus Lebensfreude und Verantwortung finden muss.

Gibt es hier übrigens Frauen, die im Fall des Falles einen biologischen (Schweine-) Herzklappenersatz ablehnen würden, gäbe es zum Operationszeitpunkt eine geringfügig weniger empfehlenswerte mechanische Alternative?
Die Frage ist weniger provokativ als interessiert gestellt.

Das Argument "der Verzicht auf meine Lederschuhe macht das Tier nicht lebendiger" verstehe ich nicht so ganz, letztenendes könnte genau das ja auch an der Fleischtheke gelten: oder handelt es sich dabei um eher weitblickende Änderungen der Kaufabsicht unter Ausschöpfung der aktuellen Restbestände? Oder fällt da eher die zeitliche Komponente ins Gewicht?
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sonnenstrahl
Beitrag 11.Apr.2009 - 10:38
Beitrag #63


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ZITAT(LadyGodiva @ 11.Apr.2009 - 10:53) *
Vielleicht bin ich auch nur in der glücklichen Lage, dass mir sowohl Tofu als auch Steak sehr gut munden...


Das war bei mir auch lange Zeit so, und hat sich peu a peu geändert: Es hat sich in mir immer mehr wirklich körperlich empfundener Ekel beim Fleischessen eingestellt, so dass die Entscheidung, es nun ganz von meinem Speiseplan zu streichen durchaus von beeinträchtigter Lust mitbeeinflusst ist. Ich bin eben auch ein sehr sinnesfreudiger Mensch.


ZITAT
Gibt es hier übrigens Frauen, die im Fall des Falles eine biologische (Schweine-) Herzklappe ablehnen würden, gäbe es zum Operationszeitpunkt eine geringfügig weniger empfehlenswerte mechanische Alternative?
Die Frage ist weniger provokativ als interessiert gestellt.


Für mich gilt: Keine Ahnung. Ich hoffe, ich komme nicht in die Situation.

ZITAT
Das Argument "der Verzicht auf meine Lederschuhe macht das Tier nicht lebendiger" verstehe ich nicht so ganz, letztenendes könnte genau das ja auch an der Fleischtheke gelten: oder handelt es sich dabei um eher weitblickende Änderungen der Kaufabsicht unter Ausschöpfung der aktuellen Restbestände? Oder fällt da eher die zeitliche Komponente ins Gewicht?

Wie gesagt: Einverleiben ist für mich etwas fühlbar Anderes als Tragen. Ob ich in 15 Jahren aus jetziger Sicht wieder Lederstiefel kaufen würde? Wahrscheinlich nicht. Und ja: Die zeitliche Komponente spielt in meinem Abwägen auch eine Rolle. Die alten Wanderstiefel habe ich mindestens 5 x neu besohlen lassen. Abgesehen davon gehöre ichauch in Sachen Alltags-Fußbekleidung nicht zu den Frauen, die meinen, 197 Paar (Leder-)Schuhe zu brauchen ... mit fraglos ansteigender Tendenz. Allerdings hängen in meiner Kleiderkammer 3 mehr oder weniger schrammelige Lederjacken - und ehrlich gesagt: Auch die mag ich schon seit einiger Zeit nicht mehr richtig gerne spazieren führen.
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pandora
Beitrag 11.Apr.2009 - 10:42
Beitrag #64


auf dem Hochseil des Lebens balancierende Wölfin
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ZITAT
Gibt es hier übrigens Frauen, die im Fall des Falles eine biologische (Schweine-) Herzklappe ablehnen würden, gäbe es zum Operationszeitpunkt eine geringfügig weniger empfehlenswerte mechanische Alternative?
Die Frage ist weniger provokativ als interessiert gestellt.


nein, ich würde wohl nicht darauf verzichten.
mein selbsterhaltungstrieb gewänne wohl oberhand.

ZITAT
Das Argument "der Verzicht auf meine Lederschuhe macht das Tier nicht lebendiger" verstehe ich nicht so ganz, letztenendes könnte genau das ja auch an der Fleischtheke gelten: oder handelt es sich dabei um eher weitblickende Änderungen der Kaufabsicht unter Ausschöpfung der aktuellen Restbestände? Oder fällt da eher die zeitliche Komponente ins Gewicht?


es ist dorch nicht so, das die kuh geschlachtet wird um mein paar schuhe zu produzieren, sondern eher umgekehrt.
die kuh wird in erster linie für den verzehr gezüchtet/gemässtet und deren nebenerzeugnisse wie leder, ect, gehen an weiterverarbeitende betriebe wie tiernahrungs, schuhindustrie, ect...

ganz anders allerdings verhält es sich bei mir, bei exotischem leder.
niemals würde ich krokodil/schlangenleder, katzen/nerz/oder andersartiger echtfelle/pelze tragen/kaufen, genau so wenig wie ich elfenbein, schilkröten/nashornschmuck tragen würde.
eben so wenig wie ich exotisches fleisch "strauß, schlange, krokodil, ect." verspeisen würde.
nicht weil es nicht schmeckt, sondern weil ich die umstände kenne, unter denen diese tiere hier gezüchtet werden.

wie gesagt, es mag vielleicht nach doppelmoral klingen, ich versuche meinen teil, "oder sollte ich besser sagen" den für mich vertret und tragbaren teil der verantwortung zu übernehmen und so zu handeln, dass ich mir weiterhin morgens vor dem spiegel ins gesicht sehen kann.
ich handele in bezug auf fleisch/lederkonsum genau so, wie ich mit dem thema umweltschutz umgehe.
ich vergeude so wenig wie möglich wasser, benutze keine chemiekeulen, keinen weichspüler und entkalker, sondern essig, werfe keinen müll in die landschaft, kaufe keine plastikartikel, recycele meinen hausmüll,ect, ect....

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Rafaella
Beitrag 11.Apr.2009 - 12:24
Beitrag #65


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Eine pragmatische Frage dazuwischen:

wie sieht es eigentlich mit Milchprodukten aus Ziegen- und Schafzucht aus? Bzw. ist Ziegenhaltung und Schafhaltung nicht immer artgerecht? Habe dazu noch nchts Gegeteiliges gehört.
Ich verfolge den Thread mit großen Augen und wachem Herzen - und habe auch schon meine Entscheidung getroffen: Ende mit Fleisch.
Musste da eigentlich immer einfach zu viel ausblenden, seit meiner Kindheit.
Zitat dazu von Volker Ellis Pilgrim: "Ein Hauch Tragik weht um jedes Schnitzel".
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DerTagAmMeer
Beitrag 11.Apr.2009 - 15:57
Beitrag #66


Adiaphora
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ZITAT(Rafaella @ 11.Apr.2009 - 13:24) *
Eine pragmatische Frage dazuwischen:
wie sieht es eigentlich mit Milchprodukten aus Ziegen- und Schafzucht aus? Bzw. ist Ziegenhaltung und Schafhaltung nicht immer artgerecht? Habe dazu noch nichts Gegeteiliges gehört.


Grundsätzlich geht es Ziegen- und Schafmüttern wie allen anderen Säugetieren auch: sie "produzieren" Milch ausschließlich zur Aufzucht ihres Nachwuchses. Darum werden ihnen die "Säuglinge" weggenommen und mutterlos gemästet, damit die fortan "überschüssige" Milch abgepumpt und zu Milch/Joghurt/Käse verarbeitet werden kann.
Was die Lebensbedingungen von Ziegen und Schafen gegenüber Kühen betrifft, hast Du recht, dass die vergleichsweise "artgerechter" sind ... was allerdings auch daran liegen dürfte, dass es sich bisher noch eher um ein "Nischenprodukt" handelt.

@sonnenstrahl: Klar steht die Einladung!
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Sägefisch
Beitrag 11.Apr.2009 - 17:52
Beitrag #67


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Danke für Eure Schilderungen.

Mir ging es etwas anders. Ich habe mich weniger geschämt, sondern eher einen moralischen Impuls gehabt. Ich fand die Art der Fleischproduktion falsch und grausam (zur Lederfrage oder Milchviehhaltung drang ich gar nicht vor) und stellte daraufhin den Fleischverzehr ein, um fortan auf der guten Seite zu stehen.

Und kämpfte tapfer gegen einen deutlichen Fleischjieper an. Nach einer sehr körnerigen und (wie ich heute finde) teilweise sogar grenzwertig unvollständigen Kost im Elternhause hatte ich Fleisch, Eier und überhaupt deftiges aller Art als besondere Highlights empfunden (die es gerade darum auch gar nicht ständig massenweise geben muß - aber gerne regelmäßig), die mir auch ganz gut bekamen. Die waren ja nun gestrichen.

Rückblickend drehte sich dann mein Vegetarierleben im Grunde ständig darum, fleischliche Kost zu imitieren. Kohlrouladen mit Linsenfüllung statt Hack, vegetarische Bratlinge aller Art, Lasagne mit Sojagranulat, und so weiter.

Irgendwann kam ein Tag an dem ich nach einer Woche Grippe ziemlich geschwächt wieder auferstand und einen irren Heißhunger auf folgendes Menu schob: neue Kartoffeln mit Quark, Möhren-Kohlrabigemüse und...Rumpsteak. Ich kapitulierte.

Und gestand mir ein, keine Körnermaus, kein Pflanzenesser, kein Raubtier, sondern: ein Allesfresser zu sein.

Das dann in eine Welt zu integrieren, mit deren Art und Umfang der Fleischproduktion ich nach wie vor nicht einverstanden bin, ist eine andere Frage.
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sonnenstrahl
Beitrag 11.Apr.2009 - 19:43
Beitrag #68


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ZITAT(Sägefisch @ 11.Apr.2009 - 18:52) *
Und gestand mir ein, keine Körnermaus, kein Pflanzenesser, kein Raubtier, sondern: ein Allesfresser zu sein.

Das dann in eine Welt zu integrieren, mit deren Art und Umfang der Fleischproduktion ich nach wie vor nicht einverstanden bin, ist eine andere Frage.


Das kann ich gut nachvollziehen, Sägefisch. Ich kenne mehrere Menschen, darunter die mir vertrauteste Bezugsperson inmitten meiner Wahlfamilie, von denen ich weiss, dass sie ganz ohne Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte wirklich unglücklich wären. Nicht aus einem "Im Fleisch steckt mehr Lebenskraft"-Glaubenssatz heraus, sondern weil es für sie Genuss bedeutet, und irgendetwas in ihren Zellen sie regelmäßig nach Fleisch verlangen lässt. Ich nehme es nicht nur ernst, sondern kann mich sogar mitunter an meiner Freundin leuchtenden Augen und ihrem zufriedenen Grunzen erfreuen, wenn sie am Schluss einer Geflügelmahlzeit auch noch die Knorpel zerkaut und die Knochen auslutscht, oder vom Fischkopf in ihren triefenden Fingern kaum noch etwas übrig bleibt. Trotz des leichten Ekels den ich gleichzeitig verspüre.
Dass Hunde genüsslich Pansen und rohe Knochen oder ganze Wirbelsäulen zerbeissen und verschlingen, animiert mich auch rein gar nicht dazu, es ihnen gleichtun zu wollen, sondern stößt mich eher ein bisschen ab - aber mich berührt gleichzeitig ihre lechzende Begeisterung. Mich berührt Lebendigkeit überhaupt. Ich fühle mich selbst gerne lebendig. Und für wen Verzicht auf Fleisch in der Ernährung einen schmerzlichen Verlust an Lebendigkeit und Lust bedeuten würde, dem kann kann ich sein carnivores Ausleben durchaus zugestehen.

(Bei mir ist eher S.x der Trieb, ohne dessen zumindest gelegentliches Ausleben ich mich über kurz oder lang krank und unglücklich fühlen würde. Und ich kenne ich so manche lustvolle Fleischesserin, die sich darüber wundert, dass Einer die zwischenmenschliche Fleischeslust so wichtig sein kann. Ob es da einen Zusammenhang gibt? Wie sind eure Erfahrungen diesbezüglich?)

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 11.Apr.2009 - 21:36
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sonnenstrahl
Beitrag 11.Apr.2009 - 21:39
Beitrag #69


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dtam: *freu* Dann steh ich jetzt also auf der Gästinnenliste (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)
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DerTagAmMeer
Beitrag 12.Apr.2009 - 10:15
Beitrag #70


Adiaphora
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Gästeliste freut sich auch! Und wir uns erst!
@ Rafaella: Im übrigen hat auch der Apfelbaum deutliches Interesse an einem persönlichen Treffen bekundet (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)

ZITAT
Mir ging es etwas anders. Ich habe mich weniger geschämt, sondern eher einen moralischen Impuls gehabt. Ich fand die Art der Fleischproduktion falsch und grausam (zur Lederfrage oder Milchviehhaltung drang ich gar nicht vor) und stellte daraufhin den Fleischverzehr ein, um fortan auf der guten Seite zu stehen.

Weiter vorn hast Du die Frage gestellt, ob sich der Mensch (als Pflanzenfresser) nicht außerhalb der Natur positionieren würde.
Dabei fällt mir auf, dass "Moral" in meiner Vorstellung kein klar definierter Raum ist, in dem ich mich positioniere.

Für mich heißt "leben" eher "permanent Entscheidungen treffen" in einer vieldeutigen, bunten, unübersichtlichen und chaotischen Welt. Solche Entscheidungen sind davon abhängig, welche Umstände einer Handlung mir bewusst werden, welche Konsequenzen und Motive durch meinem Kopf schwirren und mein Handeln beeinflussen - und die sind zufällig, wechselhaft und willkürlich.

Dass ich vor 12 Jahren angesichts einer Speisekarte lieber das Holzfällersteak als den Salat bestellt habe, war in erster Linie meinen Vorstellungen von "Sexyness" und "Leidenschaft" geschuldet (in deutlich überheblicher Abgrenzung gegen "KleinerSalat-DiätCola-MalboroUltra-Schnepfen").
Ebenso habe ich beim Anprobieren einer Jeans vornehmlich darüber nachgedacht, wie umwerfend mein Hintern in ihr wirkt, und nicht über die Krankheit und den Tod unzähliger Menschen innerhalb der Produktionskette dieses Kleidungsstücks. "Nachhaltigkeit" kam in meinem Wortschatz ohnehin nicht vor - auch in bezug auf mich selbst und den Wert meines eigenen Lebens nicht. Intensiv leben, aus dem Vollen schöpfen, sich grenzenlos verausgaben, "echt" sein, Spaß haben und lieber früh sterben als 100 Jahre "ausgewogen ökenflöten".

Innerhalb dieser Vorstellungswelt hat sich an meiner Sympathie für's Extreme gar nicht sonderlich viel viel geändert (außer dass ich heute weiß, dass ich mit punkt 30 keine schöne Leiche abgegeben habe, sondern mich zu damas unvorstellbaren Spießigkeiten hinreißen ließ: ich hab geheiratet und eine Lehre begonnen).

Die Vorstellungswelt selbst hat sich verändert. Ich setze mich mit anderen Dingen auseinander als früher. Ich setze mich auch ANDERS auseinander - weniger abstrakt, mit mehr Begeisterung für die individuelle Besonderheit. In meiner Vorstellungswelt ist mehr Platz für konkrete Umstände, an denen rein logische Theoriebildung einfach scheitert.

Darum lebe ich heute in einigen Dingen anders. Ich lese mehr Zeitung als Sartre, gehe mehr im Wald als in Einkaufsmeilen spazieren, verbringe mehr Zeit mit leibhaftigen Tieren als mit vergeistigten Menschen ...

... und esse halt einfach gern Gemüse.
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Sägefisch
Beitrag 12.Apr.2009 - 11:09
Beitrag #71


Schlaudegen.
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QUOTE(sonnenstrahl @ 11.Apr.2009 - 20:43) *
wenn sie am Schluss einer Geflügelmahlzeit auch noch die Knorpel zerkaut und die Knochen auslutscht, oder vom Fischkopf in ihren triefenden Fingern kaum noch etwas übrig bleibt. Trotz des leichten Ekels den ich gleichzeitig verspüre.
Dass Hunde genüsslich Pansen und rohe Knochen oder ganze Wirbelsäulen zerbeissen und verschlingen, animiert mich auch rein gar nicht dazu, es ihnen gleichtun zu wollen, sondern stößt mich eher ein bisschen ab - aber mich berührt gleichzeitig ihre lechzende Begeisterung.


Daß Du genau diese besonders illustren Beispiele aussuchst und nebeneinander stellst ist aber kein Zufall, oder?

QUOTE
In meiner Vorstellungswelt ist mehr Platz für konkrete Umstände, an denen rein logische Theoriebildung einfach scheitert.


Ich glaube, da treffen wir uns, trotz unterschiedlicher Konsequenzen.

Wenn ich auch nicht ganz verstehe, wie Dein permanentes sich-positionieren (das ich mir auch nach Kräfte zumute) von einem Moralbegriff losgelöst sein kann. Die Frage, wie die Spuren aussehen dürfen die wir hinterlassen ist ja schon eine von Richtig und Falsch.

Der Beitrag wurde von Sägefisch bearbeitet: 12.Apr.2009 - 11:10
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sonnenstrahl
Beitrag 12.Apr.2009 - 20:41
Beitrag #72


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ZITAT(Sägefisch @ 12.Apr.2009 - 12:09) *
Daß Du genau diese besonders illustren Beispiele aussuchst und nebeneinander stellst ist aber kein Zufall, oder?


(IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)

Hm. Ich besuche einfach nur allzu selten Gala-Dinners und werde fast nie zum Speisen in 5 Sterne-Landgasthäuser eingeladen. Und ich habe ausgesprochen wenig Kontakt zu Damen und Herren, die spitzmäulig Ragout fin aus Königinnenpastetchen silberlöffeln. Sondern eher zu Menschen, die Tot-Tierisches nach dem Motto verspeisen: Wenn schon, dann nicht als Geschnetzeltes, Gehacktes, paniertes Filet, ummantelte Backpflaume oder als Fischstäbchen getarnt.
("Fischfilet ist doch kein Fisch!" O-Ton einer bekennenden Fisch-Liebhaberin aus meinem Freundeskreis.) Und vielleicht weil da so etwas Archaisches durchzukommen scheint, kann ich meine Lieblings-Karnivorinnen wohl auch vorzugsweise mit den Fingern essen sehen.
Fällt mir gerade noch eine andere geliebte Vertraute ein, die wirklich selten Fleisch isst - ausser nach ihrer Regel. Dann aber bitte ein noch etwas blutiges Steak. Auch nicht sehr dezent und gehübscht anzusehen. Aber so ist es nun mal.
Ich sprach ja von offensichtlicher Fleisches-Lust.
Und nicht von gewohnheitsmäßigen " ... und dann noch 8 Scheiben Putensalami und ein Viertel Pfund Leberwurst, aber die magere, und 4 Scheiben Mortadella, nein! nich die italjenische, die is mir zu teuer, nehmse man die deutsche, und zwei Rollmöpse noch, und drei Paar Wiener"-Fleischesserinnen, denen halt nichts Anderes einfällt.

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 12.Apr.2009 - 21:14
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DerTagAmMeer
Beitrag 13.Apr.2009 - 07:15
Beitrag #73


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ZITAT(Sägefisch @ 12.Apr.2009 - 12:09) *
Wenn ich auch nicht ganz verstehe, wie Dein permanentes sich-positionieren (das ich mir auch nach Kräfte zumute) von einem Moralbegriff losgelöst sein kann. Die Frage, wie die Spuren aussehen dürfen die wir hinterlassen ist ja schon eine von Richtig und Falsch.


Nur von einem übergeordneten Standpunkt aus, den ich (aus Ermangelung göttlicher Allwissenheit) nicht einnehme.
Ich habe keine Übersicht, keine externe Position.
Also kann ich immer nur entscheiden, wo von mir aus gesehen links ist.
Für eine Kollegin von mir sind gerade Kohlenhydrate "böse" und Fleisch eine dementsprechend "gute" Wahl. Eine Freundin boykottiert Exporte aus Diktaturen und isst deshalb lieber Wurst aus deutschen Landen als Datteln aus Libyen usw.
Die zentralen Kategorien der Moral "richtig" und "falsch" verlieren ihre objektive Qualität, wenn ich einen Raum vor Augen habe, in dem es möglich ist, auf dem Kopf zu stehen und auf den Händen zu laufen.

Es kann schon sein, dass ich insgeheim hoffe, dass jede irgendwann an den für mich entscheidungstragenden Umständen "vorbeikommt" und sich dann ganz von selbst gegen die Wachtel und für den Spinat entscheidet.
Außerdem bemühe ich mich hier ja auch nach Kräften den für mich ausschlaggebenden Argumenten "Gehör" zu verschaffen - so gesehen verhalte ich mich trotz propagierter Subjektivität sogar "missionarisch".
Aber damit hat es sich dann auch.

Als meine Frau angefangen hat Agrarwissenschaften zu studieren, sind so viele "Ungeheuerlichkeiten" in unsere "relativ heile kleine Welt" eingebrochen, so viel unfassbare "Realität", dass sich die Hoffnung auf "Weltrettung" sehr zügig verabschiedet hat.
Seitdem kann ich Landwirte und professionelle Schlächter verstehen, die sich mit der Perspektivlosigkeit und Doppelmoral arrangiert haben, sich auf ihren eigenen kurzfristig finanziellen Nutzen konzentrieren und für schwärmerische Moralapostel lediglich ein müdes Lächeln übrig haben.

Dasselbe müde Lächeln kenne ich von Alten- und Tierpflegerinnen, die täglich erleben, wie unsere Leistungsgesellschaft mit ihren "nutzlosen" Geschöpfen und "hoffnungslosen Fällen" umgeht.

Trotzdem gibt es einige, die nicht verzweifeln. Die ihre Arbeit als sinnvoll empfinden. Die die Brutalität des Systems soweit ausblenden, dass sie an dem Platz, an dem sie handeln und entscheiden, hinsehen, Mitleid haben, Leiden mildern und ganz simpel "Gutes" tun. Ich glaube nicht daran, dass es eine "gute Seite" gibt. An "gute Taten" glaube ich schon. Aber die sind so individuell und persönlich, dass es immer eine moralisch vertretbare Ausrede gibt, die eigene Unterlassung zu rechfertigen - zumindest vor Anderen.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 13.Apr.2009 - 07:25
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Sägefisch
Beitrag 13.Apr.2009 - 08:15
Beitrag #74


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Ich hoffe mein Beitrag kam nicht als müdes Lächeln rüber.

Ich habe nur versucht, einzukreisen von welcher Warte aus wir jeweils diskutieren, weil zu diesem Thema viele Begriffe derartig vorbesetzt sind, daß es schwer wird sich ohne mißverständliche Konnotationen zu verständigen.

QUOTE
... Gala-Dinners ...Speisen in 5 Sterne-Landgasthäuser ...spitzmäulig Ragout fin aus Königinnenpastetchen silberlöffeln. ...blutiges Steak. ...Fleischesserinnen, denen halt nichts Anderes einfällt


Also ist man entweder Vegetarier, vornehm tuender Verdränger, unbewußte Mortadellakäuferin oder ehrlicher, aber ekliger Knorpelkauer? Dir fällt aber schon auf daß da nur eine Variante als einigermaßen sympathischer Entwurf auftaucht?

Ich will gar nicht sagen daß Du in der Grundsatzfrage nicht eine zu respektierende Position einnimmst. Sowas wie bewußte Ernährung ohne Leugnung, Gleichgültigkeit oder sonstige Dumpfheit scheinst Du Dir aber doch nur fleischlos vorstellen zu können?

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sonnenstrahl
Beitrag 13.Apr.2009 - 10:01
Beitrag #75


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ZITAT(Sägefisch @ 13.Apr.2009 - 09:15) *
ZITAT
... Gala-Dinners ...Speisen in 5 Sterne-Landgasthäuser ...spitzmäulig Ragout fin aus Königinnenpastetchen silberlöffeln. ...blutiges Steak. ...Fleischesserinnen, denen halt nichts Anderes einfällt


Also ist man entweder Vegetarier, vornehm tuender Verdränger, unbewußte Mortadellakäuferin oder ehrlicher, aber ekliger Knorpelkauer? Dir fällt aber schon auf daß da nur eine Variante als einigermaßen sympathischer Entwurf auftaucht?

Ich will gar nicht sagen daß Du in der Grundsatzfrage nicht eine zu respektierende Position einnimmst. Sowas wie bewußte Ernährung ohne Leugnung, Gleichgültigkeit oder sonstige Dumpfheit scheinst Du Dir aber doch nur fleischlos vorstellen zu können?


Da mischen sich in mir, offenbar irgendwie doch einvernehmlich, drei Ebenen: Erstens die meines persönlichen, mehr oder weniger starken, körperlich spürbaren Ekels, zweitens die meiner geistigen Lebenshaltung, die, von gelegentlichen blinden Flecken einmal abgesehen, schon deutlich von Empathie und Toleranz gegenüber vielen (nicht allen) anderen Lebensweisen geprägt ist, und drittens die emotional-freundschaftliche bzw. -partnerschaftliche. Insofern kann ich einem Menschen gegenüber gleichzeitig partiellen Ekel, Befremden, als auch persönliche Sympathie oder gar Liebe empfinden.
Ich weiss, viele Andere würden da eher trennen, und sagen: "Es geht nicht, da ist zu wenig Deckungsgleichheit." Auch meine Analytikerin würde wahrscheinlich einmal mehr nach Luft schnappen, und sich fragen, ob ich überhaupt analysefähig bin, so wie ich relativ problemlos scheinbar Unvereinbares gleichwertig nebeneinanderstelle und sage: "Warum denn nicht?". Nun, es ist wie es ist.
Ich würde jedenfalls nicht jedem fleischessenden Menschen Dumpfheit attestieren wollen - in vielen Fällen sehe ich es eher als das, was ich auch jahrelang praktiziert habe: Ein bewusstes Inkaufnehmen von Leid zugunsten eines Kultivierens von bestimmten relikthaften Gelüsten aus den Anfängen der Menschheit, die sich, so sie deutlich auftreten, augenscheinlich nicht einfach wegidealisieren lassen.

Mir war es, wie aus meinen vorangegangenen Beiträgen ersichtlich ist, erst möglich, das Fleischessen zu lassen, als der Ekel sich nicht mehr verdrängen ließ. Dafür muss er allerdings überhaupt erstmal vorhanden sein. Zu rein kopfgesteuerten Entscheidungen in einem so sinnlichen Lebensbereich wie dem des Essens bin ich nicht in der Lage, und ich verlange sie auch keinem anderen Menschen ab. Da das Empfinden dem Denken aber bekanntlich gerne in gewissem Abstand folgt, halte ich wohldosiertes, taktisch kluges Missionieren, so wie oben von dtam angeführt, für situationsabhängig auch mal angemessen (Ich denke da an sowas wie Missionieren auf Nachfrage - dort wo der Boden nicht gänzlich unfruchtbar zu sein scheint).

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 13.Apr.2009 - 10:25
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DerTagAmMeer
Beitrag 13.Apr.2009 - 11:40
Beitrag #76


Adiaphora
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ZITAT(Sägefisch @ 13.Apr.2009 - 09:15) *
Sowas wie bewußte Ernährung ohne Leugnung, Gleichgültigkeit oder sonstige Dumpfheit scheinst Du Dir aber doch nur fleischlos vorstellen zu können?


Naja ... dafür, dass es neben dem persönlichen Jieper für den menschlichen Fleischkonsum ebenso wenig Argumente gibt wie für Gummibärchen (namlich keine), kann ja nun Sonnenstrahl nix.

Und irgendwie finde ich es auch ein bisschen viel verlangt, unvernünftiges Verhalten sympathisch finden zu müssen, damit sich Fleischgenießerinnen respektiert fühlen.

Bei uns zu Hause dürfen Raucherinnen rauchen, Fleischesserinnen Landjäger verzehren, Weinliebhaberinnen Prosecco trinken und Heten ihre Männer küssen. Und da sie das nicht nur dürfen, sondern auch tun, scheint der gegenseitige Respekt ja anzukommen.
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LadyGodiva
Beitrag 13.Apr.2009 - 13:48
Beitrag #77


Strøse
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Einigkeit besteht sicherlich darin, sich als Ausdruck größter Wahlfreiheit innerhalb unserer ökonomischen Ordnung einer maximalen Selbstbeschränkung unterwerfen zu können, die in einer geringfügig erweiterten Woyzeck-Diät bestehen könnte, ohne vital bedroht zu sein.
Mir ist immer noch nicht so ganz klar, wem die Sympathie eigentlich gilt: denen, die nicht mehr um des Gefressens werden sterben (und zum großen Teil auch gar nicht leben) würden oder eher jenen, mit denen man fast schon verschworen mampfend missioniert?
Fleischverzehr per se als Unvernunft zu bezeichnen, scheint mir in ähnlicher Weise legitim wie Sexualität auf Reproduktion zu begrenzen - und nein, den Zusammenhang zwischen Völlern und V*geln habe nicht ich ins Spiel gebracht (IMG:style_emoticons/default/wink2.gif)
Auch wenn ich mir geschuldet nicht begreife, was mein Körper mit seinen Signalen im Einzelnen verfolgt, halte ich es für sehr natürlich, auch Fleischappetit zu haben - und dem im verantwortlichen Maße nachzugehen, also den Bedürfnissen des eigenen Stoffwechsels in mehreren Dimensionen gerecht zu werden. Gerade wenn ich mich interessiert zeige an dem, wie es zu dem kommt, was mich formt, dann ist es doch umso bewusster, einen Kompromiss aus Wollen und Müssen zu suchen und nicht auf ewig der Bratwurst abzuschwören, nur, weil sich der Appetit darauf nicht dem selbst konstruierten Vernunftsprozess unterordnen möchte.
Die Welt ist nicht mein peinlichst zu hegender Garten, sondern ich bin lebendige Mit-Natur in allen Abhängigkeiten.
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Rafaella
Beitrag 13.Apr.2009 - 15:49
Beitrag #78


Freies Vögelchen
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ZITAT(DerTagAmMeer @ 12.Apr.2009 - 11:15) *
Gästeliste freut sich auch! Und wir uns erst!
@ Rafaella: Im übrigen hat auch der Apfelbaum deutliches Interesse an einem persönlichen Treffen bekundet (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)



fein (IMG:style_emoticons/default/smile.gif) dann sollten wir uns gut mit dem apfelbaum absprechen, weil ich auf dem lft einige termine wahrnehmen muss.
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sonnenstrahl
Beitrag 13.Apr.2009 - 17:33
Beitrag #79


verboden vrucht
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ZITAT(LadyGodiva @ 13.Apr.2009 - 14:48) *
Woyzeck-Diät

Die Lektüre liegt zu lange zurück - worin besteht diese Ernährungsweise?

ZITAT
Mir ist immer noch nicht so ganz klar, wem die Sympathie eigentlich gilt: denen, die nicht mehr um des Gefressens werden sterben (und zum großen Teil auch gar nicht leben) würden oder eher jenen, mit denen man fast schon verschworen mampfend missioniert?


Meine Entscheidung jedenfalls ist nicht auf Sympathie oder Antipathie gegründet, sondern aus einem Gefühl der Mitverantwortung und einer Empfindung des Abgestoßenseins heraus. Ich finde Schweine, Kühe oder Schafe nicht per se sympathisch, sondern ich weiss, dass es sich um leidfähige Kreaturen handelt. Sehr eindrucksvoll fand ich es, vor etlichen Jahren davon zu lesen, dass es *kram das alte Buch raus* "für paarfähige Tiere eine Katastrophe bedeutet, wenn ihnen ihr Nächstes entrissen wird. Das Sich-Beziehen ist ein in der Natur weitverbreitetes und offenbar für viele Arten notwendiges Verhalten. Enten, Gänse, Pferde, Rinder, Schweine, Rehe ... verbinden sich, wählen sich einen Nächsten, siechen dahin, wenn der Kumpan für immer verschwindet." (Volker Elis Pilgrim, sich auf Konrad Lorenz beziehend.) Es gibt eben nicht nur das Leid des geschlachteten Tieres, sondern auch den Schmerz und die Trauer der Zurückgebliebenen. Wer einmal zwei (oder mehr) Katzen hatte, von denen eine starb, dem wird nicht entgangen sein, das es ein Trauma für das verlassene Tier war. Es verhält sich in solch einer Situation nicht so, als sei nichts geschehen. Manche Katzen wollen danach wochenlang nichts mehr fressen. Andere verlieren ihr Fell. Sie schleichen um den Lieblingsplatz des Gestorbenen. Sie miauen kläglich. Da ist großes Leid miterlebbar.
(Der Kanarienvogel meiner Schwester in unserer Kindheit begann just dann wieder in höchsten Tönen zu singen, als das später wohlmeinend hinzugesetzte Vogelweibchen ihr zeitliches gesegnet hatte. Ob es ein Freuden- oder ein Trauergesang war - oder ob er möglichst schnell einen neuen Gefährten/eine ander Gefährtin herbeilocken wollte, vermag ich nicht zu beurteilen. Denkbar ist natürlich auch, dass Tiere ihren artgenössischen MItbewohner manchmal nicht leiden können.)

ZITAT
... halte ich es für sehr natürlich, auch Fleischappetit zu haben - und dem im verantwortlichen Maße nachzugehen, also den Bedürfnissen des eigenen Stoffwechsels in mehreren Dimensionen gerecht zu werden.


Mit dem Wort natürlich hab ich so meine Probleme. Mit "natürlich" kann auch bezeichnet werden, wenn Erwachsene sich an Kindern vergreifen, wenn jemand impulshaft seinen Nachbarn erschlägt, oder wenn Autofahrer mit 180 durch geschlossene Ortschaften fahren - denn die Natur hat die Menschen hervorgebracht, die das tun. Und dass das Wort auch gerne missbraucht wird, weiss jede, die nicht nach "gutbürgerlichen" Wertvorstellungen lebt. Sprich: Jede, die in diesem Forum engagiert ist.

Wenn du damit sagen möchtest, dass das menschliche Verdauungssystem dazu in der Lage ist, auch Fleisch zu verstoffwechseln, möchte ich dem entgegensetzen: Ja. Aber der zivilisierte Mensch ist auf Fleischverzehr nicht (mehr) angewiesen. Wir können gut ohne Fleisch überleben und - so die große Grundgütige es will - gesund steinalt werden, sofern wir uns nicht fortan vorwiegend von Tortillachips, Cola und Vanilletörtchen ernähren, sondern eben "den Bedürfnissen des Stoffwechsels in mehreren Dimensionen gerecht .. werden".


ZITAT
Gerade wenn ich mich interessiert zeige an dem, wie es zu dem kommt, was mich formt, dann ist es doch umso bewusster, einen Kompromiss aus Wollen und Müssen zu suchen und nicht auf ewig der Bratwurst abzuschwören, nur, weil sich der Appetit darauf nicht dem selbst konstruierten Vernunftsprozess unterordnen möchte. Die Welt ist nicht mein peinlichst zu hegender Garten, sondern ich bin lebendige Mit-Natur in allen Abhängigkeiten.


Wenn da nur der "selbst konstruierte Vernunftprozess" wäre, würde ich dir recht geben.

(Gibt es andere Vernunftprozesse? Ach ja, doch ... da fallen mir bedauernswerte Menschen ein, die vom Arzt gesagt bekommen haben: "Sie müssen mehr auf ihre Ernährung achten. Sie essen zu üppig - wie wär´s mal mit Gemüse?", und nun erstmal, nach eigener Aussage, hilf- und orientierungslos durch den Supermarkt irren, mit weiterhin störrisch auf die Fleischtheke ausgerichteter Kompassnadel.)

Du unterschlägst jedoch die Macht des Mitgefühls, des Sich-Mitverantwortlichfühlens und des körperlichen Widerwillens - der bei vielen Vegetariern, die ich kenne (allen voran die 7jährige Schwester meiner Patentochter) eher unterbewusst unterfüttert ist. Und du unterschlägst die Macht, die wir Menschen als Mit-Natur haben. Oft ausgeübt völlig jenseits irgendwelcher Abhängigkeiten oder Notwendigkeiten.

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 14.Apr.2009 - 08:14
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Sägefisch
Beitrag 13.Apr.2009 - 17:57
Beitrag #80


Schlaudegen.
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Unvernünftiges Verhalten wäre dann was genau? Jeglicher Fleischkonsum oder nur das Mortadellamuttchen?

Als ideologisch empfinde ich das Argument, man bräuchte kein Fleisch. Das ist sicher richtig wenn wir vom Überleben sprechen. Was darüber hinaus geht, ist aber individuell. Ich kenne Menschen die hervorragend ohne Tierprodukte auskommen, körperlich gesehen. Und andere, deren Körper ganz ohne nicht optimal versorgt ist.

Insbesondere bei Kindern wäre ich (je nach Veranlagung) vorsichtig mit der Aussage, daß Tierprodukte überkommen und überflüssig sind, weil hier nicht "nur" ein bereits ausgereifter Stoffwechsel versorgt, sondern Muskeln, Knochen und vieles mehr gebildet werden müssen. Diese Diskussion ist sicher endlos, aber genau das meine ich mit ideologisch. Jeder hat viele Beispiele für seine Sicht, und bringt auch nur diese. Das gleiche mit der "Jagd ist Hege/Naturschutz/Rettung der Landwirtschaft" vs. "Jagd ist Mord"-Debatte. Da wird auch von jeder Seite mit "Fakten" um sich geschmissen daß es nur so rauscht. Und bei sich selber gucken alle weg, die Fleischesser beim Schlachthof, die Jäger bei überzogenen Jagdstrecken und aberwitzigen Anschußzahlen, die Reformhäusler bei den Soja-Monokulturen, manche Vegetarier bei ihren blassen Kindern...erster Stein bitte hierher.

Der Beitrag wurde von Sägefisch bearbeitet: 13.Apr.2009 - 18:01
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