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Die gute alte Küche - in neuem Gewand _ News - News - News _ Love Parade Duisburg 2010

Geschrieben von: Lucia Brown am 24.Jul.2010 - 19:59

Mir fehlen gerade die Worte.

http://www.stern.de/panorama/techno-party-15-tote-bei-love-parade-in-duisburg-1586617.html

Geschrieben von: kawa am 24.Jul.2010 - 20:31

sad.gif

Viel dazu sagen kann man auch nicht. Nur fragen: warum wurden die Notausgänge so spät geöffnet?

Geschrieben von: neelia am 24.Jul.2010 - 20:37

ja, richtig krass. und ich wollte da die ganze zeit mitlaufen und war voll begeistert. dabei hat das schon 2 stunden vorher in der stadt angefangen komisch zu werden. bei netto sind die alle durchgedreht, weil man kein bier in glasflaschen kaufen durfte. ey zum glück sind wir da nicht mitgelaufen...

ich habe schon bei der wm gesagt, dass public viewing nicht gut ist, weil das evolutionsmäßig gar nicht gut ist, wenn so viele menschen zusammen auf einem kleinen gelände sind.

na ja, auf jeden fall musste ich gerade richtig heulen als ich das in den nachrichten gesehen habe.

warum schreibe ich eigentlich so komisch?



Geschrieben von: Lucia Brown am 24.Jul.2010 - 20:41

ZITAT(neelia @ 24.Jul.2010 - 21:37) *
na ja, auf jeden fall musste ich gerade richtig heulen als ich das in den nachrichten gesehen habe.

warum schreibe ich eigentlich so komisch?

troest.gif

Geschrieben von: dandelion am 24.Jul.2010 - 21:08

ich kenn den tunnel. war erst vor ein paar wochen drin.


heftig...



Und ich muß sagen, daß die baulichen Gegebenheiten da drin wirklich geeignet für Panik sind. Der Tunnel scheint sich endlos zu ziehen und ist dabei extrem flach - an den Außenkanten des Bürgersteigs vielleicht 1,70 hoch. Offenbar wurde die Hälfte der Besucher dort hindurch zugeleitet.

Ich frage mich, warum das Nordende des alten Güterbahnhofs nicht als Ausgang verwendet wurde. Das gesamte Gelände war abgesperrt, es gab keine Autos. Was also sprach gegen "Einbahnstraßen" oder zumindest zwei "Einfallsrichtungen"?

Geschrieben von: Ricky am 24.Jul.2010 - 21:50

Hab die schreckliche Nachricht den halben Abend verfolgt und kann es kaum glauben - es ist absolut furchtbar !!

Natürlich wird das Ganze jetzt mehrfach beleuchtet und es wird nach "besseren" "Leitsystemen" gesucht, aber für die jetzt Betroffenen ist das zu spät.

Ich kann es natürlich nur schlecht beurteilen. Ich war nicht dort, kenne die Begebenheiten nicht und bin keine Fachfrau.
Allerdings stellt sich mir automatisch die Frage, ob die Sicherheit nicht optimal genug beachtet wurde, oder ob man bei Großveranstaltungen dieser Art dem Andrang einfach gar nicht Herr werden kann und oft "einfach bisher nichts passiert ist" das Gefahrenpotential aber ebenso vorhanden ist.

Wenn ich an die Situationen zurückdenke, in denen ich in total überfüllten Massenveranstaltungen "feststeckte", muss ich sagen, dass ich dort auch oft dachte, wenn jetzt was passiert, hat man keine Chance.

Menschenmengen, Massen, Rückstau, Engstelle, Hitze, Panik - leider halte ich das für eine sehr realistische Gefahr, die bei allen Großveranstaltungen mitschwellt, dass es in Duisburg allerdings tatsächlich passiert ist und mit solchem Ausmaß ist natürlich absolut tragisch !!

Geschrieben von: kawa am 24.Jul.2010 - 22:11

ZITAT(dandelion @ 24.Jul.2010 - 22:08) *
Und ich muß sagen, daß die baulichen Gegebenheiten da drin wirklich geeignet für Panik sind. Der Tunnel scheint sich endlos zu ziehen und ist dabei extrem flach - an den Außenkanten des Bürgersteigs vielleicht 1,70 hoch. Offenbar wurde die Hälfte der Besucher dort hindurch zugeleitet.

In einem Fernsehinterview hörte ich eben, dass dieser Tunnel von den Sicherheitsprüfern im Vorfeld für ausreichend gehalten wurde, um die Menschen hinein- und wieder hinauszuschleusen. Es war vorgesehen, immer wieder den Zugang zu sperren, wenn zu viel Andrang herrschen sollte, und in genau so einer Situation kam es zu dem Unglück, weil Menschen versuchten, diese Sperren zu umgehen.

Inzwischen beklagt man 17 Tote. sad.gif

Geschrieben von: dandelion am 24.Jul.2010 - 22:17

Was spätestens nach dem Still-Leben Ruhrschnellweg (letzten Sonntag) durchaus vorhersehbar war - auch dort wurden Sperren konsequent ignoriert. Mir wurde von Besuchern berichtet, die auf dem Weg um die Sperrzäune herum auch über Tische und Bänke liefen.

davon abgesehen ging es mir weniger darum, daß der Tunnel tatsächlich zu klein war (er enthält eine vierspurige Straße und großzügige Bürgersteige auf beiden Seiten) - eher, daß er sehr flach wirkt, und ich mir vorstellen könnte, daß das die Panik verstärkt, wenn die Ausgänge dicht sind.

Geschrieben von: kawa am 24.Jul.2010 - 22:21

Aber letzten Sonntag lief eben alles glimpflich ab, und so ging man davon aus, dass es heute auch so sein würde.

Und jetzt herrscht riesiges Verkehrschaos in und um Duisburg, ebenso wie am Düsseldorfer Hauptbahnhof, wo zahlreiche Raver gestrandet sind und nicht weiterkommen.

Geschrieben von: Lucia Brown am 24.Jul.2010 - 22:34

ZITAT(kawa @ 24.Jul.2010 - 23:21) *
Aber letzten Sonntag lief eben alles glimpflich ab, und so ging man davon aus, dass es heute auch so sein würde.

Und jetzt herrscht riesiges Verkehrschaos in und um Duisburg, ebenso wie am Düsseldorfer Hauptbahnhof, wo zahlreiche Raver gestrandet sind und nicht weiterkommen.

Wir können nur noch alle hoffen, dass sie nun alle gut nach Hause gelangen.
Mein Güte, ich möchte da jetzt nicht dabei sein.



Leider sind es inzwischen 18 Tote.

Geschrieben von: Lilith666 am 24.Jul.2010 - 22:52

Am Anfang, als ich nur den Begriff "Massenpanik" in den Nachrichten gehört habe, dachte ich noch:" Naja, wird schon nicht so schlimm sein." Aber als ich dann die Zahlen der Toten und Verletzten hörte, war ich einfach nur noch entsetzt.
Ich bin wahrlich kein Anhänger der Love-Parade, aber ich bin schon bei etlichen Konzerten und Festivals gewesen.

Und dass bei einem solch an sich fröhlichen Anlass eine so schlimme Situation mit so vielen Opfern eintritt, finde ich traurig.

Es wird sicher die Frage zu klären sein, ob das Sicherheitskonzept der Behörden unzureichend war, ob Fehlverhalten der Besucher maßgeblich war bzw. wie es überhaupt zu dieser Kettenreaktion mit den fatalen Folgen kommen konnte.

Insgesamt denke ich aber, dass es leider bei solchen Großveranstaltungen nie ganz auszuschließen ist, dass es zu einer Massenpanik kommt. In Wacken 2008 war es meines Erachtens kurz davor und mir fallen weitere Veranstaltungen ein, wo es vielleicht nur vom Zufall abhing, dass es nicht auch dort Verletzte oder gar Tote zu beklagen gab.

Geschrieben von: innocent am 24.Jul.2010 - 23:12

ZITAT(Lilith666 @ 24.Jul.2010 - 23:52) *
und mir fallen weitere Veranstaltungen ein, wo es vielleicht nur vom Zufall abhing, dass es nicht auch dort Verletzte oder gar Tote zu beklagen gab.


... ich denke auch, dass es oft genug nur glücklicher zufall ist, dass nichts passiert. wir müssen, so glaube ich, einsehen, dass derartige menschenmassen und was dabei passieren kann, nicht vorhersehbar und damit verhinderbar sind. ich finde es schade, wenn die presse es jetzt wieder hinterher schon vorher gewusst hat, was man alles hätte besser machen können und wer schuld ist ...

Geschrieben von: babyfrosch am 25.Jul.2010 - 08:55

Die aktuelle Zahl: 19 Tote und über 300 Verletzte.
Im Fernsehen habe ich es vorhin gehört.
Es ist unfassbar.

Geschrieben von: Lucia Brown am 25.Jul.2010 - 11:04

Gerade findet eine Pressekonferenz statt - on TV.

Geschrieben von: kawa am 25.Jul.2010 - 12:18

Ja, ich habe sie gesehen. Viele Fragen wurden nur zurückhaltend beantwortet mit dem Hinweis darauf, dass die Staatsanwaltschaft ermittele und man den Antworten nicht vorgreifen wolle und dürfe. Und man gewann den Eindruck, dass die Leute auf dem Podium vor lauter Fassungs- und Hilflosigkeit auch gar keine Antworten geben konnten.

Rainer Schaller, der Organisator der Love Parade, hat verkündet, dass es aus Respekt den Opfern und Angehörigen gegenüber künftig keine Love Parade mehr geben wird.

Geschrieben von: dandelion am 26.Jul.2010 - 07:14

"es wurde komisch" - wenn sich das auf die Szene im Netto bezog, muß ich leider sagen, daß da noch nichts weiter absehbar war - da ging es "nur" um etwa 20jährige, die in einem (wovon auch immer ausgelösten) Rauschzustand ihren Weg durch einen Supermarkt pöbelten. Klingt jetzt vielleicht hart, aber den Unterschied zu den meisten Festivals sehe ich da nicht - und auch bei denen blieb das meiste folgenfrei. Ist auch so: wenn junge Menschen in einer körperlich bedrohlichen Lage (wie in diesem Tunnel) sind, verhalten sie sich "folgsamer" als dort, wo "es wurde komisch" war - auf einer breiten Flaniermeile, wo überall Gleichgesinnte lagern, feiern und mit ihrem Bier in der Sonne sitzen.
Ich glaube, das ist einer der wenigen Punkte, die tatsächlich richtig eingeschätzt wurden.

Geschrieben von: küken am 26.Jul.2010 - 08:49

Natürlich bin ich auch schrecklich entsetzt. :-( An diesem Tag hatte ich Nachtdienst und hätte über den Duisburger Hauptbahnhof fahren müssen. Da ich auch immer Pendel zur Arbeit. Meine Freundin hat mich aber gebracht um dieses Chaos zu umgehen. Auf der Autobahn sind sooo viele Krankenwagen gefahren, ich habe so etwas noch nie gesehen. Es war einfach nur traurig :-(.

Ich verstehe die Stadt Duisburg aber auch nicht warum sie ein ABGESCHLOSSENES GELÄNDE MIT EINEM AUS UND EINGANG zur verfügung stellen. Und dann ist das Gelände noch nicht mal für die Hälfte der Besucher gewesen. Einfach viel zu wenig Platz.

Einfach nur schrecklich......

Meine Gedanken sind bei den Opfern und Verletzten und natürlich die vielen Traumatiesierten die alles mitbekommen haben und jetzt auch alles verarbeiten müssen.


Geschrieben von: Lucia Brown am 26.Jul.2010 - 09:41

Ich lese überall, dass im Vorfeld bereits vor dem Tunnel gewarnt wurde. Dies schien aber ALLEN (Veranstaltern, Polizei, Stadt und Ravern) egal zu sein. Hauptsache Party auf der einen Seite und auf der anderen der purer Kommerz. Jetzt hoffe ich doch, dass endlich über das immer "Höher", "Schneller" und "Größer" kommuniziert wird und zwar bei allen Arten von Großveranstaltungen.

Ich finde es immer noch erschütternd, dass Menschen sterben mussten und ich hoffe, dass nun daraus gelernt wird.
Steckt das Geld lieber in Bildung und Gesundheitsvorsorgen. Musik, Tanz und das Abschalten vom Alltag braucht jeder, daher lasst uns zu genussvolleren Parties in kleineren "Rahmen" zurückfinden.

lg

Lucia B. morgen.gif

Geschrieben von: june am 26.Jul.2010 - 10:38

Eva Herman hat sich ja inzwischen auch öffentlich zu dem Geschehenen geäußert. Das ist SO niveaulos, dass ich es hier noch nicht einmal mehr verlinken mag. (Interessierte seien auf die bekannten Suchmaschinen verwiesen...) Ich hoffe nur, dass die Medien diese Frau einfach in Zukunft kollektiv boykottieren.

Mein Mitgefühl gilt den Familien und Freunden dieser so sinnlos gestorbenen Menschen.


Edit: Rechtschreibung

Geschrieben von: shark am 26.Jul.2010 - 11:08

Ja, das habe ich auch gelesen. shudder.gif no.gif

Ich wünsche den Verletzten und Hinterbliebenen und allen anderen Menschen, die durch diese schlimme Geschichte traumatisiert sind, alles Liebe und viel Kraft.

Und den Verantwortlichen, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden.

shark


edit: Schreibfehler entfernt

Geschrieben von: kawa am 26.Jul.2010 - 14:12

Das ist ja ziemlich geschmacklos, was die Frau da verzapft hat. mad.gif

Geschrieben von: Sinai78 am 26.Jul.2010 - 14:17

Ich habe gestern Abend - ich glaub im WDR- die ganze "Geschichte" noch einmal mitverfolgt. Beklemmend und extrem hart! Es ist irgendwie völlig "ab von welt" unbegreiflich, und wie so ein schlechter Traum. Ich muss sagen wass mich ebenso schockiert hat wie die ganzen Umstände, waren die Befragten die teilweise dermassen abgebrüht (ich nehme mal die raus die augenscheinlich unter Schock gestanden haben) auf die Toten (=Gleichgesinnten?!) reagiert haben und das Alles unter "Naja passiert halt" verbuchten. Da komm ich nicht mit muss ich sagen! Und das ganze Chaos- die Einteilung von Menschen (!) in: hoffnungslos, kann man noch was machen, ok. Ärzte und Ärztinnen die noch nicht mal wußten in welchem Klinikum sie sich denn nun befinden, komplett aufgelöst, emotional und dann Verwantwortliche die dem Gegenüber vollkommen nüchtern erscheinen und sich nicht verantwortlich fühlen - nee - schlimm unsure.gif

ZITAT
Dandelion, 24.Juli.2010- 22:08 Ich frage mich, warum das Nordende des alten Güterbahnhofs nicht als Ausgang verwendet wurde. Das gesamte Gelände war abgesperrt, es gab keine Autos. Was also sprach gegen "Einbahnstraßen" oder zumindest zwei "Einfallsrichtungen

Wenn ich sehr böswillig bin, behaupte ich dass gerade bei Verantstaltungen wie der Loveparade, die ja schon häufiger komplett "aus dem Programm genommen werden sollte" man da weniger drauf schaut wie risikofrei das Ganze ist, weil eh´ "Randgruppenbeteiligung"?! Nehmen wir mal an, da hätte es eine Kundgebung gegeben mit einem hohen Tier und ähnlichem (ebenfalls vorher von der Besucheranzahl her bekannten Ansturm). Hätte die Organisation dann genauso ausgesehen? Ich wage es zu bezweifeln. Ich bin allerdings auch zu wenig darin involviert um es "beweisen" zu können- man möge es mir nachsehen. Wie sieht das denn bei Veranstaltungen wie dem CSD aus? Ereknnt ihr da Parallelen zur Organisation oder überhaupt nicht?

Interessiert
Sinai

Geschrieben von: Lucia Brown am 26.Jul.2010 - 14:30

@ Sinai - es gibt verschiedene Sicherheitsstufen bei Veranstaltungen.

Der CSD Köln hat bereits eine lange Tradition und die Kölner kennen/können (die) Karnevalsumzüge. Ein CSD ist allerdings nicht umzäunt.

Wer weiß denn, ob jemals eine Loveparade umzäunt war?

In Berlin konnten jedenfalls die Teilnehmer linkes und rechts von der Strecke die Parade verlassen.

Geschrieben von: McLeod am 26.Jul.2010 - 17:18

ZITAT(Sinai78 @ 26.Jul.2010 - 15:17) *
Wenn ich sehr böswillig bin, behaupte ich dass gerade bei Verantstaltungen wie der Loveparade, die ja schon häufiger komplett "aus dem Programm genommen werden sollte" man da weniger drauf schaut wie risikofrei das Ganze ist, weil eh´ "Randgruppenbeteiligung"?! Nehmen wir mal an, da hätte es eine Kundgebung gegeben mit einem hohen Tier und ähnlichem (ebenfalls vorher von der Besucheranzahl her bekannten Ansturm). Hätte die Organisation dann genauso ausgesehen? Ich wage es zu bezweifeln. Ich bin allerdings auch zu wenig darin involviert um es "beweisen" zu können- man möge es mir nachsehen. Wie sieht das denn bei Veranstaltungen wie dem CSD aus? Ereknnt ihr da Parallelen zur Organisation oder überhaupt nicht?


Ich saß am Samstag Abend mit CSD-Organisatoren beisammen, als uns die ersten Nachrichten aus Duisburg erreichten. Und natürlich gab es für alle dort die Parallele(n): viele Menschen versammeln sich an einem Ort. Fußball-Fanmeilen, Politiker/innen-Auftritte auch. Es reicht auch eine überfüllte "kleine" Party, wenn sich 400 Menschen in einem Raum aufhalten, der eigentlich eher für 200 passt und der nur begrenzte Ein- und Ausgänge hat...

Ich habe zum Beispiel schonmal einen damals-noch-Kanzler-Schröder-Auftritt auf einem abgesperrten Platz erlebt. Einlasskontrolle inklusive. Allerdings war auch dort gerade für die, die draußen warteten, Platz ohne Grenzen vorhanden.

Ich stand auch schonmal in einem Melissa-Etheridge-Konzert und konnte mich nicht mehr selbstbestimmt bewegen und wurde von links nach rechts und zurück "mitgetragen". Dann wurden die ersten mit Schwächeanfall nach vorne "durchgereicht". Melissa hat die Enge von der Bühne aus geregelt bekommen: wir sollten alle mal in die Hocke gehen. Hat sehr gut geklappt.

Das alles trudelt mir durch den Kopf...

Eine solche Eingangssituation, die gleichzeitig auch Ausgangssituation sein sollte, habe ich noch nirgends erlebt. Zum Glück auch keine überfüllte Party in ungeeigneten Räumen.

Es gab "Notausgänge", die nach der Katastrophe im Eingangsbereich genutzt wurden, um die vielen oben noch feiernden Raver/innen vom Gelände zu bekommen. Der Ein- und Ausgang war ein geplantes Nadelöhr und die Zufluss-Steuerung hat offensichtlich nicht wie geplant stattgefunden. Wenn ich höre, dass die Tunnel für einen Zufluss von 20.000 Menschen pro Stunde ausgelegt gewesen sein sollen und die Fotos sehe, dann sieht es so aus, als ob die 20.000 Menschen , die innerhalb einer Stunde durch sollten, gerade alle drin sind, im Eingangsbereich beider Tunnel.

Ich fand es mutig, 2009 die Loveparade abzusagen. Und nun weiß ich, dass es notwendig war und in Duisburg auch notwendig gewesen wäre.

Von den CSDs weiß ich, dass es jede Menge Auflagen gibt und mir fällt im Moment keiner der 7 oder 8, die ich schonmal in verschiedenen Städten besucht habe, ein, in denen es eine auch nur ansatzweise vergleichbare Platzsituation gegeben hätte.

Was "hohe Tiere" bei der LoveParade und anderen Massenveranstaltungen angeht, so waren dort VIPs (Künstler/innen, DJs, Medienvertreter/innen), die aber mit hoher Wahrscheinliochkeit einen separaten Zugang auf's Gelände hatten. Auch weil es nicht zu Verspätungen kommen soll, das ist üblich und normal. Schauspieler kommen ja auch nicht aus dem Zuaschauerraum des Theaters auf die Bühne sondern von hinten aus ihrem eigenen Bereich.

Ich bin sprachlos, was die Stelungnahmen verschiedener Menschen angeht: die Pressekonferenz war ein Desaster, die Wortmeldung von Dr. Motte jenseitig (für mein Gemüt und Empfinden), dass es so viele Bedenken-Anmeldungen gegeben haben soll... Ich bin fassungslos und warte auf Aufklärung - die soll ihre Zeit in Anspruch nehmen, aber bitte nicht versanden. Obwohl wir einige hundert Kilometer entfernt waren (und sind), hat mich die Katastrophe der Loveparade in Duisburg bestürzt und betroffen.

Ich hoffe, dass alle hier Mitlesenden und ihre Lieben unversehrt und möglichst auch nicht betroffen sind.

McLeise

Geschrieben von: Ricky am 26.Jul.2010 - 18:22

ZITAT(Sinai78 @ 26.Jul.2010 - 15:17) *
Ich habe gestern Abend - ich glaub im WDR- die ganze "Geschichte" noch einmal mitverfolgt.
...
Ich muss sagen wass mich ebenso schockiert hat wie die ganzen Umstände, waren die Befragten die teilweise dermassen abgebrüht (ich nehme mal die raus die augenscheinlich unter Schock gestanden haben) auf die Toten (=Gleichgesinnten?!) reagiert haben und das Alles unter "Naja passiert halt" verbuchten.
...
Und das ganze Chaos- die Einteilung von Menschen (!) in: hoffnungslos, kann man noch was machen, ok.
Ärzte und Ärztinnen die noch nicht mal wußten in welchem Klinikum sie sich denn nun befinden...


Entweder hab ich den gleichen, oder einen ähnlichen Bericht gesehen. Es lässt mich nämlich auch nicht mehr los.
Allerdings gab es in meinem Bericht wirklich nur 2 Personen, die "unpassend" gesprochen haben, und die hatten glaube ich einfach noch nicht begriffen worum es geht, ich vermute mal, dass beide ziemlich in den Erdboden versinken, wenn sie sich selbst innerhalb der Reportage wiederfinden.
Alle anderen, die große Mehrheit, hat aber, wie ich finde, nichts verkehrtes gesagt, im Gegenteil, ich bin der Ansicht, dass man ihre Bestürzung mehr als gut sehen und nachvollziehen konnte.

Wegen der Einteilung / Kategorisierung. Das hatten sie in dem Bericht, den ich gesehen hatte ebenfalls angesprochen, aber mit dem bewussten Hinweis, dass es - aufgrund der Vielzahl der Verletzten und des Chaoses etc. - unerlässlich war, dass die Helfer nach der "Dringlichkeitskategorisierung" (heißt es so ?) die es wohl bei Bundeswehr und Co. gibt, arbeiten mussten. Es hört sich hart an, das gebe ich zu, denke aber, dass es wohl wirklich, so bedauerlich es ist, in solch einer Situation keine falsche Herangehensweise ist.

Ach man, echt schlimm das Ganze !!

Ricky

edit: Zitierung korrigiert

Geschrieben von: davvero am 26.Jul.2010 - 20:44

ZITAT(june @ 26.Jul.2010 - 11:38) *
Eva Herman hat sich ja inzwischen auch öffentlich zu dem Geschehenen geäußert. Das ist SO niveaulos, dass ich es hier noch nicht einmal mehr verlinken mag. (Interessierte seien auf die bekannten Suchmaschinen verwiesen...) Ich hoffe nur, dass die Medien diese Frau einfach in Zukunft kollektiv boykottieren.


Als ich es laß, dachte ich nur: Schade, die Herman hat offenbar wirklich ein heftiges seelischen Problem! Hoffe, dass ihr bald geholfen werden kann.

Und zum eigentlichen Thema: Die um sich greifende Inkompentenz hat sich scheinbar den Weg vom kleinen Callcenter in Richtung politische Macht frei gemacht.

Zu traurig, dass durch solch Dilemma Menschenleben beendet werden . sad.gif

Ich bezweifle, dass da Gerechtigkeit noch möglich ist.

Geschrieben von: dragonfly am 26.Jul.2010 - 21:28

Ich hätte nie gedacht, dass so etwas im organisierten und bürokratischen Deutschland passieren kann. Als ich die ersten Bilder dieser unvorstellbaren Enge gesehen habe, musste ich ich eher an südamerikanische Fußballverhältnisse denken. Ich kann nicht verstehen, dass es so weit kommen konnte.

Da wollten die jungen Leute einfach nur Spaß haben und feiern und werden stattdessen nie wieder nach Hause zurückkehren. So einen Tod zu sterben stelle ich mir einfach nur grausam vor.

Die Verantwortlichen sollten hart bestraft werden, aber wahrscheinlich wird es "nur" auf "Entschädigungszahlungen" hinauslaufen.

Bochum hat so viel Kritik einstecken müssen als es die Loveparade aus sicherheitstechnischen Gründen abgesagt hat. Für diese zunächst "unpopulär" wirkende Entscheidung hätte auch Duisburg den Mumm haben müssen.

Was Eva Hermann gesagt hat, ist wirklich eine Schande. Sie scheint eine ähnliche Gesinnung zu haben wie die christlichen Fundamentalisten in den vereinigten Staaten

Geschrieben von: Ricky am 26.Jul.2010 - 21:53

ZITAT(Sinai78 @ 26.Jul.2010 - 15:17) *
...die Befragten die teilweise dermassen abgebrüht...und das Alles unter "Naja passiert halt" verbuchten.

ok, jetzt hab ich auch ein paar statements von personen gehört, die es anscheinend wirklich in keinster weise berührt hat !!!

Geschrieben von: Sinai78 am 26.Jul.2010 - 22:06

ZITAT
McLeod
Heute, 18:18
Ich hoffe, dass alle hier Mitlesenden und ihre Lieben unversehrt und möglichst auch nicht betroffen sind


Das hoffe ich mir ebenfalls sehr....... unsure.gif

Geschrieben von: Lucia Brown am 26.Jul.2010 - 22:10

ZITAT(Ricky @ 26.Jul.2010 - 22:53) *
ZITAT(Sinai78 @ 26.Jul.2010 - 15:17) *
...die Befragten die teilweise dermassen abgebrüht...und das Alles unter "Naja passiert halt" verbuchten.

ok, jetzt hab ich auch ein paar statements von personen gehört, die es anscheinend wirklich in keinster weise berührt hat !!!


Ja, habe ich auch gesehen und ich kann es nicht fassen. Null Mitgefühl, gar nix... so als ob sie gar nichts mitbekommen hatten.

Als ich die Bürgermeisterin von Bochum in einem Interview hörte, dachte ich... die Frau ist realistisch und hat ganz klar gehandelt! Super!!!

Wir wohnen ein paar hundert Km`s von Duisburg entfernt, jedoch sind wir alle hier sehr betroffen und finden diese ganze Geschichte unfassbar.

Geschrieben von: Lucia Brown am 26.Jul.2010 - 22:41

Derzeit werden mögliche Planungsfehler im Sicherheitzskonzept diskutiert und das nordrhein-westfälische Innenministerium schaltete derweil die Polizei in Köln ein, um Befangenheit bei Duisburger Kollegen zu vermeiden.

Und gerade lese ich, dass am Montag eine 21-jährige Frau ihren Verletzungen erlag.


Geschrieben von: MrsM am 27.Jul.2010 - 09:00

Ich bin auch immer noch mehr als sprachlos..... und wütend über diese Menschen, die da jetzt schweigend sitzen und mir sehr emotionslos erscheinen... wie muss sich da eine Familie fühlen, die einen Menschen verloren hat?!

Für mich stinkt die ganze Sache schon im Grundsatz..... wie kann man eine Loveparade auf einem umzäunten Gelände planen?? Auf der einen Seite befahrene Gleise, auf der anderen Seite eine Autobahn..... Platz für 1/4 der Menschen, die allein schon vor 2 Jahren in Dortmund waren??

Die Loveparade war immer eine "sich bewegende" Parade.... egal ob in Berlin oder auch in Dortmund, die Leute konnten ausweichen.... alleine duch die "Floats" war immer Bewegung da....

und in Duisburg.... ein Gelände, auf dem die Loveparade im Kreis fährt?????
Sorry, da brennt bei mir echt was durch...... zudem sie ja die A59 gesperrt haben.... was hätte also dagegen gesprochen, de A59 als Parade-Strecke zu nehmen, und das Gelände des Güterbahnhofes als guten Ausweichplatz?......
Aber so wie es war, war der Ansatz schon kriminell.... finde ich.....

Bisher gab es keine Loveparade (ich hoffe, ich liege richtig) an der nicht wenigstens 1 Mio. Menschen teilhaben wollten... und in Duisburg wundert man sich über so viele Besucher? Das ist krank und so wenig durhdacht wie nur was..... finde ich.

Aber alles "hätte, wäre, wenn" bringt nun noch einer Familie Trost....

Und nun wird ermittelt..... und dann? Werden alle wegen 20fachen Mordes angeklagt? Oder gibts dann nur eine "Ich wars nicht, die waren's" Kungelei?

Das ganze ist so unfassbar.........

Geschrieben von: Hortensie am 27.Jul.2010 - 09:34

Es ist eine unfassbare Tragödie.
Besonders bizarr fand ich, dass am Nachmittag im Radio noch verkündet wurde, wie gut gelungen es sei und das man sich vorstellen könnte, die Love Parade jetzt dauerhaft in Duisburg stattfinden zu lassen...ein paar Stunden später dann Entsetzen pur.



Bleibt abzuwarten, ob sich die Menschen, die sich z.B. dafür verwendet haben gegen das Votum des damaligen Polizeipräsidenten auszusprechen und dafür z.B. an den damaligen Innenminister zu schreiben, den Mumm haben, den Angehörigen z.B. zu schreiben:

"Sehr geehrte Familie,
ich war der Befürworter des Konzeptes und ich war dafür, die Love Parade trotz aller Bedenken so durchführen zu lassen. ich habe schwere Schuld auf mich geladen und ich stelle mich meiner Verantwortung."

...aber das wird wohl eher nicht passieren.
Sie werden Krokodilstränen vergiessen und hoffen, dass ihr juristischer Berater ihnen eine Lücke weist, die sie dann nutzen werden.


Und gleichzeitig werden sie etwas von Verantwortung und Jugendlichen, die zu überdreht waren und die notwendige Disziplin vermissen liessen, um mit den örtlichen Gegebenheiten klar zu kommen, erzählen.

Irgendwann, wenn die Bilder des Schreckens nicht mehr so präsent sind im kollektiven Bewusstsein.


Geschrieben von: Lucia Brown am 27.Jul.2010 - 09:51

@MrsM du sprichst mir aus der Seele.

Zur Info:
Die erste Loveparade wurde im Sommer 1989 von Matthias Roeingh alias Dr. Motte in Zusammenarbeit mit seiner damaligen Freundin Danielle de Picciotto initiiert. Von ursprünglich 150 Beteiligten wuchs die Veranstaltung auf etwa 1,5 Millionen Besucher im Jahre 1999.

Hier ein Interview mit Dr.Motte:
http://www.fr-online.de/panorama/man-geht-ueber-leichen/-/1472782/4507340/-/index.html

Geschrieben von: mek63 am 27.Jul.2010 - 11:12

jetzt läuft mir endgültig die galle über:

wenn ich den berichten von rtl glauben darf, wurde die genehmigung erst einen tag nach der loveparade erteilt, da die beamtin der baubehörde ihre unterschrift aufgrund der sicherheitsmängel verweigert hat. die frau wurde versetzt!!!

was fällt einem da noch ein??
in mir ist eine ohnmächtige wut, wie aus imagegründen menschenleben leichtfertig und offensichtlich aufs spiel gesetzt wurden.

der ob muß gehen, solche kaltschnäutzigkeit ist nicht zu ertragen und vertretbar!!

Geschrieben von: Lucia Brown am 27.Jul.2010 - 11:34

@ mek - das ist ja unglaublich. Das ist ein riesiger Skandal!!!

511 Menschen wurden teils schwer verletzt... so die Zahlen bei Wiki: http://de.wikipedia.org/wiki/Loveparade

Geschrieben von: küken am 27.Jul.2010 - 11:46

ZITAT(mek63 @ 27.Jul.2010 - 12:12) *
jetzt läuft mir endgültig die galle über:

wenn ich den berichten von rtl glauben darf, wurde die genehmigung erst einen tag nach der loveparade erteilt, da die beamtin der baubehörde ihre unterschrift aufgrund der sicherheitsmängel verweigert hat. die frau wurde versetzt!!!

was fällt einem da noch ein??
in mir ist eine ohnmächtige wut, wie aus imagegründen menschenleben leichtfertig und offensichtlich aufs spiel gesetzt wurden.

der ob muß gehen, solche kaltschnäutzigkeit ist nicht zu ertragen und vertretbar!!



mad.gif mad.gif mad.gif Ich kanns nicht glauben!!!! shudder.gif whoa.gif eek.gif


edit: Doppelpost entfernt

Geschrieben von: McLeod am 27.Jul.2010 - 13:40

Vielleicht kurz zur Einordnung der beiden neuen News: die Genehmigung wurde nach den Medienberichten, die ich gelesen habe, am Samstag *vor* der Veranstaltung erteilt, erreichte die Beteiligten bei der Polizei auf dem Dienstweg aber erst am Sonntag - andere Beteiligte hatten sie bereits. Normalerweise dürfte die Polizei nicht ihre Einwilligung zum Start des Ganzen gegeben haben, wenn nicht z.B. der Veranstalter seine Ausfertigung der Genehmigung vorgelegt hätte. Das ist durchaus ein normales / alltägliches Prozedere, da Genehmigungen für größere Veranstaltungen die ganzen Bedingungen zur Durchführung (Auflagen) enthalten und da Demonstrationen binnen 48 Stunden angemeldet und durchgeführt werden können, macht es keinen Sinn, weit im Voraus Auflagen zu erteilen, wenn noch nicht klar ist, ob parallele Veranstaltungen andere Auflagen erfordern. Einmal erteilte Genehmigungen um neue Auflagen zu ergänzen ist vermutlich juristisch schwierig. Die zu erwartenden Auflagen werden allerdings vorab sowohl dem Veranstalter, als auch den Beteiligten (inkl. Polizei) zur Kenntnis gegeben. Auch das ist normalerweise Teil des Verfahrens. Denn z.B. Drängelgitter oder Bauzäune lassen sich in großen Mengen kaum über Nacht herbeischaffen und auch Security-Personal muss rechtzeitig eingeplant und gebrieft werden.

Und was die Zahl der Verletzten angeht, so wurde die Zahl der im Krankenhaus behandelten Menschen um die Alkohol- und Drogenkonsument/inn/en ergänzt und zusammen mit den im Tunnel verletzten ergibt das 511. Es ist bei den 342 (oder 345?) Verletzten im Eingangsbereich zum Zeitpunkt der Katastrophe geblieben. Meines Wissens.

Liebe Grüße
McLeod

Geschrieben von: Sinai78 am 27.Jul.2010 - 22:24

Es läuft grad eine Zusammenfassung auf VOX................

Geschrieben von: Ricky am 27.Jul.2010 - 22:49

ZITAT(mek63 @ 27.Jul.2010 - 12:12) *
...da die beamtin der baubehörde ihre unterschrift aufgrund der sicherheitsmängel verweigert hat. die frau wurde versetzt!!!

Ich habe auch schon an die ganzen "kleinen" Sachbearbeiter gedacht, die irgendwie auch in das Genehmigungsverfahren involviert waren, aber nur auf Anweisung von oben bzw. höhergestellten handeln konnten bzw. mussten, die werden doch bestimmt auch unsagbare Schuldgefühle haben und sich immer wieder fragen, ob sie nicht doch irgendwie etwas hätten tun können / müssen, Widerstand leisten...



Geschrieben von: Lucia Brown am 28.Jul.2010 - 08:41

ZITAT(McLeod @ 27.Jul.2010 - 14:40) *
Und was die Zahl der Verletzten angeht, so wurde die Zahl der im Krankenhaus behandelten Menschen um die Alkohol- und Drogenkonsument/inn/en ergänzt und zusammen mit den im Tunnel verletzten ergibt das 511. Es ist bei den 342 (oder 345?) Verletzten im Eingangsbereich zum Zeitpunkt der Katastrophe geblieben. Meines Wissens.

Liebe Grüße
McLeod

Woher hast du diese Information?

Geschrieben von: MrsM am 28.Jul.2010 - 08:57

ZITAT(Sinai78 @ 26.Jul.2010 - 15:17) *
Wie sieht das denn bei Veranstaltungen wie dem CSD aus? Ereknnt ihr da Parallelen zur Organisation oder überhaupt nicht?

Interessiert
Sinai


Wie die Organisation beim CSD aussieht kann ich leider nicht sagen, allerdings, parallelen würde ich sehen, wenn auf einmal jemand auf die "Idee" kommen würde, die CSD-Parade auf einem Gelände abhalten zu wollen, wo dann alle "im Kreis" fahren.... das wäre wohl ähnlich desaströs wie letzen Samstag auf der Loveparade

Geschrieben von: McLeod am 28.Jul.2010 - 09:53

ZITAT(Lucia Brown @ 28.Jul.2010 - 09:41) *
ZITAT(McLeod @ 27.Jul.2010 - 14:40) *
Und was die Zahl der Verletzten angeht, so wurde die Zahl der im Krankenhaus behandelten Menschen um die Alkohol- und Drogenkonsument/inn/en ergänzt und zusammen mit den im Tunnel verletzten ergibt das 511. Es ist bei den 342 (oder 345?) Verletzten im Eingangsbereich zum Zeitpunkt der Katastrophe geblieben. Meines Wissens.

Liebe Grüße
McLeod

Woher hast du diese Information?


Aus der Presse, ich lese meist spiegel.online, höre NDR Info und schaue öffentlich-rechtlich. Ich kann Dir nicht genau sagen, welche dieser Quellen die Zusammenrechnung von 342 + wegen Alkohol und Drogen Behandlungsbedürftigen = 511 gemacht hat.

ZITAT(MrsM @ 28.Jul.2010 - 09:57) *
ZITAT(Sinai78 @ 26.Jul.2010 - 15:17) *
Wie sieht das denn bei Veranstaltungen wie dem CSD aus? Ereknnt ihr da Parallelen zur Organisation oder überhaupt nicht?

Interessiert
Sinai


Wie die Organisation beim CSD aussieht kann ich leider nicht sagen, allerdings, parallelen würde ich sehen, wenn auf einmal jemand auf die "Idee" kommen würde, die CSD-Parade auf einem Gelände abhalten zu wollen, wo dann alle "im Kreis" fahren.... das wäre wohl ähnlich desaströs wie letzen Samstag auf der Loveparade


Da eine CSD-Demo/Parade zum Ziel hat, möglichst viel Öffentlichkeit herzustellen - ergo möglichst durch die Innenstadt zu ziehen, wird solch ein Szenario vermutlich nie geplant.

Und bei platzbegrenzten Straßenfesten, wie z.B. in Hamburg, werden z.T. die angrenzenden Straßen für den Verkehr gesperrt und stehen Fußgängern als Ausweichfläche zur Verfügung.

Geschrieben von: Lucia Brown am 28.Jul.2010 - 10:01

@ McLoad - deine Info kann ich nicht finden. Überall steht die Zahl 511 Menschen, die verletzt sind.

http://www.sueddeutsche.de/panorama/loveparade-aktuelle-entwicklungen-ueber-menschen-im-gedraenge-verletzt-1.979822


Das sind ja unterschiedliche Mitteilungen. Hier habe ich was gefunden:

http://www.ad-hoc-news.de/511-verletzte-bei-loveparade--/de/News/21503483

Geschrieben von: McLeod am 28.Jul.2010 - 10:39

ZITAT(Lucia Brown @ 28.Jul.2010 - 11:01) *
@ McLoad - deine Info kann ich nicht finden. Überall steht die Zahl 511 Menschen, die verletzt sind.

http://www.sueddeutsche.de/panorama/loveparade-aktuelle-entwicklungen-ueber-menschen-im-gedraenge-verletzt-1.979822


Das sind ja unterschiedliche Mitteilungen. Hier habe ich was gefunden:

http://www.ad-hoc-news.de/511-verletzte-bei-loveparade--/de/News/21503483


Hallo Lucia,

deswegen habe ich ja dazugeschrieben: Meines Wissens.

Dein zweiter Link zeigt z.B. den Text:
ZITAT
Bislang hatten die Behörden von 342 Verletzten gesprochen. Die neuen Zahlen [McL: 511] betreffen hingegen auch die Menschen, die wegen Alkohol- oder Drogenmissbrauch ärztlich behandelt werden mussten.


Es grüßt
McLeod

Geschrieben von: Hortensie am 28.Jul.2010 - 12:20

Inzwischen beklagt man 21 Tote...

Geschrieben von: Lucia Brown am 28.Jul.2010 - 14:03

Gerade auf NTV eine Pressekonferenz!!!

Geschrieben von: kawa am 28.Jul.2010 - 14:31

ZITAT(Lucia Brown @ 28.Jul.2010 - 15:03) *
Gerade auf NTV eine Pressekonferenz!!!

Gibt es neue Erkenntnisse?

Geschrieben von: Lucia Brown am 28.Jul.2010 - 14:47

@ kawa - hier ein paar Stickpunkte, das sind sehr viele Infos. Hier das Protokoll dazu: http://www.rp-online.de/niederrheinnord/duisburg/loveparade/Polizei-bekam-Sicherheitskonzept-erst-Samstag_aid_887064.html


Beim Durchlass gab es dann Probleme: Die Menschen wurden nicht schnell genug durchgeleitet, offenischtlich waren die Ordner nicht in der Lage, den Stau aufzulösen.

8 Eingangsschleusen waren nicht Sicherheitspersonal besetzt.

Dieter Ehe, Polizei Inspekteur NRW, weiß Vorwürfe gegen Polizei zurück. Und zurecht teilt er mit, dass die Polizei bei einem friedlichen Fest, sich im Hintergrund hält. Der Veranstalter hat für die Sicherheit auf dem Gelände zu sorgen. Offensichtlich hat er das nicht.

Zu klären sei nun, warum die Anordnungen der Polizei nicht von den Ordnern des Veranstalter umgesetzt worden seien und warum das Sicherheitskonzept erst so spät der Polizei vorgelegen habe.

Weder Stadt, noch Veranstalter oder Polizei wollen sich ihrer Verantwortung stellen.

Der Veranstalter war überfordert und hollte sich Hilfe bei der Polizei.

Geschrieben von: MrsM am 28.Jul.2010 - 14:57

Im Radio haben sie vorhin mitgeteilt, das die junge Frau, die seit Samstag ebenfalls auf der Intensivstation lag und von der gestern gesagt wurde, das ihr Zustand weiterhin lebendbedrohlich ist, den Kampf letzte Nacht verloren hat.....
Sie ist somit das 21ste Todesopfer.......
Ich hoffe, alle Angehörigen haben genügend Kraft und Unterstützung die zeit zu überstehen!!

Geschrieben von: Lucia Brown am 29.Jul.2010 - 22:04

Am Samstag, 31. Juli 2010 wird um 10:45 eine Trauerfeier in Duisburg in der Salvatorkirche stattfinden. ARD wir die Trauerfeier übertragen.

Geschrieben von: Liane am 29.Jul.2010 - 22:18

Angeblich wurden die Angehörigen der Opfer nicht eingeladen (heutiger TV-Bericht). ph34r.gif

Geschrieben von: Sinai78 am 29.Jul.2010 - 22:27

ZITAT(Liane @ 29.Jul.2010 - 23:18) *
Angeblich wurden die Angehörigen der Opfer nicht eingeladen (heutiger TV-Bericht). ph34r.gif

Wie bitte?!

Geschrieben von: Lucia Brown am 29.Jul.2010 - 22:42




Hier wird geschreiben, dass alle Angehörige einen Platz in der Kirche erhalten und über die Notfallseelsorger angesprochen wurden: http://www.express.de/news/panorama/loveparade/zehntausende-zur-trauerfeier-erwartet/-/4508926/4515908/-/index.html

Geschrieben von: mrs~unnahbar </3 am 30.Jul.2010 - 01:25

Als ich die Meldung bekommen habe, war ich wirklich erschrocken darüber und bin es heute noch. Duisburg, eine Stadt die gleich nebenan ist, und da hat so ein schlimmes Ereignis stattgefunden. Mir tun in erster Linie (klar, die Opfer !) aber auch Familie, Freunde und Co. der ganzen Opfer leid. Sie sind schließlich jetzt im nachhinein die Leidtragenden. Bedauernd das die Opferzahl von 10 auf 21 gestiegen ist. Es ist unfassbar und niemand will schuld haben.
Die Trauerfeier am Samstag, die ganzen TV-Berichte etc. ich finde, klar sollte man den Fall und den Schuldigen aufdecken, die Leidenen trauern lassen, doch die ganzen Bilder, dich sich immer und immer wiederholen - ich als Betroffene würde das nicht ständig sehen wollen.... Ich denke die machen alle genug mit....


edit: Schrift leiser gedreht

Geschrieben von: dandelion am 30.Jul.2010 - 17:13

vorhin mußte ich den Tunnel durchqueren. er ist immer noch gesperrt, aber Fußgänger und einzelne Radfahrer werden durchgelassen.

schon von weitem sieht man Menschen, die allein oder in kleinen Gruppen auf das Gelände zu trotten. bereits auf der gegenüberliegenden Seite der Kreuzung, die von der Innenstadt zum Tunnel führt, steht eine einsame Grableuchte. Menschen reden miteinander, starren betroffen auf Ansammlungen von Lichtern und Transparenten. die einzigen, die sich trauen, den Kopf aufrecht zu tragen, sind angeleinte Terrier, von denen die Besitzer durch die Menschenmengen gezerrt werden. am Eingang des längsten Tunnelteils steht noch immer der Container der Notfallseelsorge, eine brennende Kerze hält Wacht davor. vereinzelt huschen Menschen hindurch, die nur zu Dokumentationszwecken Bilder oder Videos machen wollen. Aufkleber pappen auf der Straße, anklagende Transparente hängen überall, und auf voller Länge stehen Herzen aus Teelichtern oder kleine Rudel von Grableuchten am Rand des Tunnels.
der Refrain des Songs "Geboren um zu leben" prangt von einer Wand und weckt in mir noch stärker das Gefühl, daß die Wut hier auch daher rührt, daß die Erschütterung sogar die Sprache raubt.
weiter innen im Tunnel sind kaum noch Menschen. trotzdem legt sich die Trauer der Anwesenden wie eine bleierne Decke über mich. ich will mich nicht einreihen in die Trauernden und Tobenden, und spüre den Ausschluß wie Steinwürfe, obwohl mich dort sicherlich niemand bemerkt hat.
zurück bin ich mit dem Bus gefahren. ich hätte es nicht nochmal ertragen.


Unterdessen wurden sämtliche Feste, die in Duisburg für die nächsten Wochen geplant waren, abgesagt. Es hat fast den Anschein, als wolle die Stadt Buße tun und sich selbst ein Stück weit ersticken. Für Sonntag ist ein Spenden- und Trauermarsch anberaumt.

Geschrieben von: kawa am 30.Jul.2010 - 17:40

Danke für diese eindrückliche Schilderung, dandelion. Mich beschleicht ein ähnliches Gefühl beim Anblick von Bildern der Kerzen und Transparente.

Dieser Drang nach "Buße" scheint aus dem tiefen Bedürfnis zu entstehen, irgendetwas zu tun in all der Hilflosigkeit.

Geschrieben von: Sinai78 am 30.Jul.2010 - 18:04

Ich muss ehrlich gestehen, so nahe und so eindringlich möchte ich das Ganze gar nicht haben- es machten Einen eh schon so fertig. Finde Dandelions Text dazu aber auch sehr sehr gut..
Beklemmend einfach nur das ganze Geschehen. Ich denke ich klink mich da raus. Ich kann´s einfach nicht.

Geschrieben von: Lucia Brown am 30.Jul.2010 - 23:19

@ liebe Dandelion vielen Dank für deinen Beitrag. Deine Worte und deine Beschreibung des Ortes und der Stimmung dort berühren mich sehr. Und danke, dass du uns daran teilhaben lässt.


Geschrieben von: Lucia Brown am 31.Jul.2010 - 11:33

Die Seele hätte keinen Regenbogen, wenn die Augen nicht weinen könnten.

Indianische Weisheit

Geschrieben von: dandelion am 31.Jul.2010 - 12:06

wub.gif schöner Satz. smile.gif
danke bluemele.gif

Geschrieben von: ella1 am 31.Jul.2010 - 15:39

Ich verstehe nicht die mediale Aufmerksamkeit, welche dieses Ereignis begleitet.

Ich bin mir nicht sicher ob sie der Aufmerksamkeit entspricht, welche in Deutschalnd empfunden wird. Es heißt es wären 1500 Menschen bei der Übertragung der Trauerfeier gewesen (erwartet wurden 30.000, deshalb Stadion, gerade Nachrichten auf 91.4). Das wären nicht besonders viele gemessen an den Journalisten welche es "vorbereiteten".

Es ist eine individuelle Katastrophe wenn Menschen im Umfeld sterben. Manche sagen es sei besonders schwer zu ertragen wenn es plötzlich geschieht, unerwartet. Ich persönlich kann sagen, für mich ist der Tod immer unerwartet gewesen, selbst bei schweren Erkrankungen und negativen Prognosen dachte ich immer an folgende Tage und wurde plötzlich "gezwungen mit dem Tod zu leben".

Manche sagen es sei besonders schlimm für nahe stehende Menschen, wenn junge Angehörige sterben. Auch dies kann ich nur bedingt nachvollziehen. Es kommt wohl eher auf empfundene Nähe und den gefühlten Verlust im eigenem Leben an.

Was ist an dem Tod in Duisburg anders?

Es kamen 21 Menschen gleichzeitig um, vermutlich in Minuten um an einem Ort. Normalerweise verteilt sich soetwas. Immer gibt es Angehörige, immer wieder begegnet mit die Frage nach Schuldigen, im Straßenverkehr, bei ärztlichen Behandlungen, selbst bei Suiziden..... .

Immer wieder gibt es bei "der Schuldfrage" lange Diskussionen, normalerweise sehr viel individueller aber nicht mit weniger "Schweigen, Verdächtigungen und gegenseitiger Verletzung/Entrüstung aller Beteiligten".


Ich sehe nicht was Medien gerade "aufklären". Ich sehe auch nicht inwieweit sie "helfen". Ich sehe es eher als ein "Ausschlachten" eines "Schicksalsschlags" der Betroffenen.

Ich frage mich auch inwieweit religiöse Veranstaltungen nach so einem Ereignis eher kulturelle Rituale sind oder tatsächlich etwas damit zu tun haben, das "ein G*tt" angerufen wird. Sollte letzteres stimmen, sollte dieses "Wesen" angerufen werden den Angehörigen zu helfen und "für Tote zu sorgen" inwieweit wird dann daran gedacht, dass auch andere Begebenheiten in "dessen Hand" sind.

Es scheint es gibt ein gesellschaftliches Denken bezüglich des Todes von Menschen. Dieses bezieht sich nicht darauf wieviele Menschen täglich sterben, sondern in der Akzeptanz von Todesursachen. Es scheint mir akzeptiert, dass Menschen auf Straßen im Verkehr sterben. Tausendfach wird dies als individuelles Schicksal gesehen und ist ggf. eine Tagesmeldung wert. Auch in Bezug auf junge Menschen "Discounfälle" haben wir uns daran gewöhnt.

Vermutlich wenn eine über Todesursachen nachdenkt, fallen noch weitere Beispiele auf die eben keine öffentliche Aufmerksamkeit erhalten (was nicht unbedingt schlecht ist, nur anders).

Ich verstehe nicht wieso die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit so "gepuscht" wird auf dieses Ereignis, wieso eine kollektive Betroffenheit in den Medien hochgehalten wird, steigen die Todesfälle in diesem Jahr doch vermutlich durch dieses Ereignis nicht und zudem ist auch die individuelle Betroffenheit durch Tod nicht größer weil die geliebten Menschen nun dort umkamen. Das tragische ist und bleibt dass sie tod sind.

Selbst auf dem Gelände hat die überwiegende Anzahl der Besucher dieses Ereignis nicht mal bemerkt.

Ich verstehe nicht wieso Schuldzuweisungen kreisen, durch diese noch mehr Leid verursacht wird, ohne Aufklärung (die vermutlich auch Zeit braucht um einigermaßen den Tatsachen zu entsprechen). Ich verstehe dies allerdings grundsätzlich nicht (geht es über direkte Betroffenheit Beteiligter hinaus).

Dabei mache ich keinen Unterschied ob jemand den Ravern und Drogen "die Schuld zuweist" oder Personen im Genehmigungsverfahren ohne Klarheit über deren Handeln, oder oder oder..... .
Natürlich gibt es soetwas wie eine politische Verantwortung, natürlich gibt es soetwas wie übergeordnete Verantwortung für das Tun anderer aus einem Amt heraus. Aber diese ist durchaus klar geregelt und bedarf meiner Ansicht nach keiner täglichen Neubewertung.


Geschrieben von: kawa am 31.Jul.2010 - 21:25

Woher das große Medieninteresse an dieser Sache kommt, kann ich nicht beantworten. Sommerloch? Sensationsgier? Betroffenheit? Prestigeobjekt Loveparade? Ich weiß es nicht.

Genauso wenig weiß ich, warum mir die Todesfälle, das Leid der Verletzten, Traumatisierten und Geschockten dieses Unglücks so unglaublich nahe gingen. Ich gebe zu, dass mich die Ereignisse auf der Loveparade mehr erschütterten als sonstige Unglücke der letzten Zeit, bei denen Menschen zu Tode kamen.

Liegt das an der starken Medienpräsenz? Werden meine Gefühle durch die Medien manipuliert? Ich bin mir nicht sicher. Denn eigentlich empfand ich das Gegenteil. Mir kam die Medienpräsenz zu diesem Ereignis sehr entgegen, weil sie mir dabei half, das, was da geschehen war, überhaupt erst mal zu erfassen und zu begreifen.

Ich vermute, es ist das 'Ungewöhnliche' dieses Unglücks, das 'Unerwartete' und dadurch 'Unfassbare', was meine persönliche Betroffenheit nährt und eben auch das Medieninteresse antreibt. "Akzeptanz der Todesursache" (Zitat ella1) ist wohl ein gutes Stichwort.

Ich habe für mich Vergleichbares beim Tsunami 2004 erlebt. Da wollte ich auch wissen, was geschehen war. Wollte wissen, wie es zu einer solchen Todeswelle kommt, und musste die Erklärungen zu diesem Naturphänomen immer und immer wieder sehen und hören, bevor ich die Ereignisse begreifen konnte. So ähnlich geht es mir hier. Und woher soll ich meine Informationen nehmen, wenn nicht aus den Medien.

Der heutigen Trauerfeier und in aller erster Linie der Rede von Hannelore Kraft, die mir aus der Seele sprach, verdanke ich das Gefühl, mit dem 'Unfassbaren' abschließen und den Blick nach vorn richten zu können.

Die Schuldfrage interessiert mich dabei weniger. Dass sie geklärt werden muss, ist klar, aber das kann ohne Spekulationen und öffentliche Schuldzuweisungen und somit ohne Medienrummel stattfinden. Was aber vermutlich nicht der Fall sein wird.

Geschrieben von: dandelion am 01.Aug.2010 - 03:48

Mal eine andere Sicht der Dinge:
ein indischer Kollege erzählte,konfrontiert mit den Geschehnissen und dem Entsetzen seiner Kollegen, daß solche Todesfälle bei Großereignissen in seiner Heimat immer wieder vorkommen. vielleicht hätten wir uns mehr freuen sollen, daß es bisher nicht passiert ist? (nein, natürlich hätte es nichts verändert. aber es hätte die Erwartungshaltung geschmälert, daß solche Unglücke gar nicht vorkommen können.

Vielleicht ist das die Krux der "akzeptierten Todesarten" - wir wissen nicht nur, daß sie geschehen, sie sind für uns auch ins Bewußtsein übergegangen. wir fühlen uns ihnen gegenüber machtlos.
Kann das ein Grund für die Vehemenz des Ganzen sein? Daß wir das Gefühl haben, solche Situationen müsse man doch in allen Eventualitäten unter Kontrolle haben? Und daß wir entsprechend denken, daß jemand einen Fehler gemacht haben muß?

Geschrieben von: Lucia Brown am 01.Aug.2010 - 08:02

@ Ella, Kawa, Dandelion ... Danke für eure Beiträge. Ich hatte schon etwas Bedenken, dass es nun nach der Trauerfeier weiter um die Schuldfrage hier im Thread diskutiert wird. Darüber sollte an anderen Stellen kommuniziert werden.

Ich glaube, dass wir nicht nur solche Situation glauben unter Kontrolle zu haben, sondern auch unser eigenes Leben. Wir meinen: "Es sterben immer nur die Anderen". Bei einer fröhlichen Tanzveranstaltung kann doch keiner sterben, bei dem Nachhause-Weg von einem Konzert kann doch kein Fan sterben und jemand mit 21 Jahren oder ein Kind könne sowieso nicht sterben, weil sie eben auch noch so jung sind.

Und doch sterben auch junge Menschen, Fans, Gäste eine Party, Stars, Politiker. Durch die neuen Medien hat sich bezüglich der Berichterstattung die Nähe zum Tod anderer Menschen, bzw. berühmter Menschen gewandelt. Auf einmal nehmen wir Teil an der Trauerfeier eines Fußballspielers und nehmen Teil an der Trauerfeier der 21 verstorbenen Menschen der Loveparade 2010.

Auch wir selber schreiben über den Verlust unserer Liebsten hier ins Netz und erfahren Trost von völlig unbekannten Menschen.

Die neuen Medien sind erweiterte Kommunikationsformen, die uns helfen können unserer eigenen Trauer einen weiteren Raum zu geben. Zu sehen und zu erleben, dass anderen Menschen auch trauern und schlussendlich dadurch Trost zu erfahren.

Ich erlebe den Verlust von Menschen als ein zur-Ruhe-kommen. Wenn ich mir unser tägliches Leben einmal in Ruhe anschaue, so entdecke ich, dass dieses Leben von Anfang an voller Abschiede, Trennungen und Verluste ist. Die erste schmerzhafte Trennung ist der Verlust des paradiesischen Aufenthaltes im Bauch der Mutter, und die letzte, vielleicht schwerste, ist die Trennung von der Welt, wenn wer selber stirbt. Merkwürdigerweise sind beides Trauersituationen.

Und die Trauerreaktion ist eine Fähigkeit, die mit uns geboren wird. Sofort nach der Geburt tritt sie in Erscheinung als das bekannte Verhalten des Neugeborenen: weinen, schreihen, protestieren, klagen, jammern...usw.

Diese Fähigkeiten sind lebensnotwendig und bedürfen den Austausch und die Umarmung nahe stehender Menschen. Dies ersetzt das Internet nicht.

Geschrieben von: kawa am 01.Aug.2010 - 08:49

ZITAT(dandelion @ 01.Aug.2010 - 04:48) *
Vielleicht ist das die Krux der "akzeptierten Todesarten" - wir wissen nicht nur, daß sie geschehen, sie sind für uns auch ins Bewußtsein übergegangen. wir fühlen uns ihnen gegenüber machtlos.
Kann das ein Grund für die Vehemenz des Ganzen sein? Daß wir das Gefühl haben, solche Situationen müsse man doch in allen Eventualitäten unter Kontrolle haben? Und daß wir entsprechend denken, daß jemand einen Fehler gemacht haben muß?

Die Vehemenz entsteht sicher aus dem Gefühl, dass das Unglück vermeidbar gewesen wäre. Aber das wären andere Unglücke auch gewesen, wie z.B. der Absturz der Concorde vor zehn Jahren, wenn das Metallteil nicht auf der Landebahn gelegen hätte. Aber ein Flugzeugabsturz gehört zu den "akzeptierten Todesarten", weil wir die Erfahrung (leider) häufig genug gemacht haben: Flugzeuge können abstürzen, Schiffe können untergehen, Züge können entgleisen, wer im Auto zu sehr aufs Gaspedal drückt, riskiert sein Leben. Wer zu einer groß angelegten Tanzparty geht, riskiert sein Leben nicht. Eigentlich.

Dass in Indien bei Großveranstaltungen immer wieder Menschen umkommen, ist offenbar nicht zu uns durchgedrungen. In einer dichtgedrängten Menschenmenge ums Leben zu kommen, ist keine "akzeptierte Todesart". Dass es dennoch passiert ist, nimmt uns ein Stück Sicherheit, die wir nicht gefährdet sahen. Um so tiefer sitzt der Schock, die Lähmung. Und daraus dämmert nur sehr langsam herauf, dass wir den "akzeptierten Todesursachen" eine weitere hinzufügen müssen.

Geschrieben von: dandelion am 01.Aug.2010 - 10:08

ZITAT(Lucia Brown @ 01.Aug.2010 - 09:02) *
Ich hatte schon etwas Bedenken, dass es nun nach der Trauerfeier weiter im die Schuldfrage hier im Thread diskutiert wird. Darüber sollte an anderen Stellen kommuniziert werden.

Wie man's nimmt - wenn im Forum, dann hier. Schließlich war der Thread für die Diskussion übr das Unglück gedacht.

Ich frage mich nur, ob es überhaupt Sinn macht, denn davon wird niemand wieder lebendig. Und wenn es tatsächlich so ist, daß sowas immer wieder mal passieren kann, wenn so viele an einem Ort zusammenkommen, stellt sich die Frage, ob "Schuld" überhaupt bestehen kann.
Momentan bricht es mir eher das Herz, zu sehen, was diese Schuldzuweisungen mit "meiner" Stadt machen.

@kawa: Wir sind, verglichen mit Indien, ein einziges Dorf. Bei 1,2 Milliarden Menschen kommen wahrscheinlich öfter Gruppen von Millionengröße zusammen. Statistisch gesprochen: der Stichprobenumfang ist größer, sodaß sich eine kleine Wahrscheinlichkeit öfter realisiert.
Andere Gelände, auf denen hierzulande Massenevents stattfinden, wie Rock am Ring oder das Wacken Open Air, befinden sich an Orten, an denen man teils weit laufen muß, um eine Wand zu finden, an die irgend jemand gedrückt werden könnte. Bauzäune, wie sie dort verwendet werden, geben da dankenswerterweise eher nach. Das senkt das Risiko dessen, was hier passiert ist - es wurde ja offenbar niemand "totgetrampelt", sondern zwischen Wand und Menschen erdrückt.

Geschrieben von: ella1 am 01.Aug.2010 - 16:58

"Immer öfter wird in diesem Land nicht nur im Kreis der Nahestehenden, sondern öffentlich getrauert" (s.a.*). Hierbei erlebe ich wiederholt, dass es nicht eine öffentliche Trauer ist die einfach Respekt vor dem Verstorbenen ausdrückt, noch mal deren Leben öffentlich erwähnt wir, sondern, dass emotionale Ausnahmezustände gepuscht werden. Diese werden in meiner Wahrnehmung gepuscht, wenn Unbeteiligte traumatisierenden Bildern ausgesetzt werden, sie eine Dauerbeschallung des Unglücks bekommen und Emotionen direkt gefördert werden. Z.B. dadurch gefördert, dass die Interviewpartner eben nicht abgeklärt sind sondern die Kamera auf Tränen und erstickte Stimmen schwenkt, auf Emotionen sobald sie irgendwo auftauchen (das kann auch Wut sein, Verzweiflung.....oft wird es im Nachhinein für die Menschen vor der Kamera ein "Erwachen geben" wie sie gefilmt wurden in einem doppelten Ausnahmezustand / eigene Emotion +ungewohnte Kamera).

"Trauer ist etwas höchst persönliches, denn es ist ein Ausdruck des Empfindens um den Verlust eines geliebten Menschen.Zur Trauer gehören Riten"(s.a.*). Diese Riten werden im Kreis der Nahestehenden zelebriert.

Das heißt nicht, dass andere nicht auch Anteil daran zeigen dürfen, Unterstützung zeigen dürfen , diese anbieten können und sollen. Aber Trauer bleibt etwas persönliches, individuelles. Dies bleibt sie auch wenn darüber gesprochen wird. Es ist gut darüber zu sprechen. Auch über die Veränderung die Trauer bei Menschen bewirkt, die verschiedenen Phasen die die Trauer von Trauernden fordert. Trauer hat mit Wut, Verzweiflung und auch immer mit einer Hoffnungslosigkeit zu tun. Ein Bruch im individuellen Leben. Etwas einzigartiges für die betroffenen Menschen, ein Ausnahmezustand mit Ausnahmeverhalten der Betroffenen. Trauer ist etwas was den einen Trauernden betrifft und die nur der Betroffene bestimmen sollte, das wie, wo, mit wem….. .

Weil Trauer eine der heftigsten, verunsichernsten, Emotionen ist, ein inniges Gefühl, widerspricht es im Grunde der "zur Schaustellung" in der weltweiten Öffentlichkeit.
Vielleicht ist dies etwas was Menschen spüren, dass Trauer doch etwas privates ist, was nicht öffentlich zelebrierbar ist. Vielleicht spricht Hannelore Kraft deshalb auch von ihrem eigenen Sohn auf der Trauerfeier, sie beglaubigt den offizielle Trauernden ihre eigene private Betroffenheit. Ebenso sprach Wulf von seiner Tochter und dem Anruf nach dem Unglück wo sie denn sei. ..... sprach der Verteidigungsminister auf der Trauerfeier für gefallene Soldaten von "den Fragen seiner eigenen Tochter".....( zu den genannten Politikern und ihrem Verhalten Quelle u.a. *, youtube und Bild, Haz....) .

Wir wären keine Menschen würden unsere Spiegelneuronen nicht bei dem "echten Leid" anderer Menschen Amok laufen, würde es uns nicht berühren. Und es berührt uns nicht nur am Rande, es bewirkt auch etwas in uns, nämlich ähnliche Emotionen. So wie wir schwer einem schallenden Gelächter zusehen/hören können ohne einzustimmen können wir dies bei anderen Emotionen auch schwerlich. Nur so kommen wir mit unserer Umwelt einigermaßen klar. Wir gehen nicht lachend zu Trauerfeiern, selbst wenn wir im Grunde nicht betroffen sind, wir gehen nicht dauerheulend zu einer Fete. Wir passen uns und unsere Emotionen an und oft unbewußt. Und wenn eine Hannelore Kraft scheinbar eben noch ihre Tränen unterdrückt, eine verzweifelte Mutter vor den Kameras auftaucht, dann schlucken wir heftig und spüren, dass die Welt auch für uns gerade gar nicht witzig ist.
Es hilft den Betroffenen nur wenig diese Massenevents, wenn Hilfe dann im direkten Kontakt, wenn sie sich angenommen fühlen, wenn sie selbst diesen Kontakt suchen. Wenn es von außen aufgedrängt wird, wirkt es für Betroffenen eher weiter verschärfend. Sie sind nicht nur ihren eigenen Emotionen und Bildern ausgesetzt sondern auch denen der Anderen. Zudem nicht selten auch öffentlichen „Pflichten“ und Erwartungen.
Zudem werden andere durch mediale Emotionen in einen Sog gezogen.

Die Medien zelebrieren öffentliche Trauer, auch um Fußballspieler die an Depressionen erkranken und nach einigen Ereignissen ist statistisch klar, es führt dazu, dass manche Menschen sich derart "reindenken" dass sie selber das Ereignis wiederholen. Sie gehen zum gleichen Bahnsteig und werfen sich vor den Zug (natürlich sind diese Menschen vorbelastet). Menschen brauchen Betreuung weil sie mit den "aufgepuschten Emotionen" nicht mehr umgehen können. Emotionen die sie von außen erreichen die aber zumeist, sind sie tief empfunden, das eigene Schicksal, die eigenen Ängste antreiben und beeinflussen, puschen.

Unserem Gehirn ist es egal ob wir etwas wirklich erleben oder uns in Gedanken hineinsteigern. Dazu muß niemand jahrelang per Gedankentrick seinen Blutdruck senken, es reichen kleine Versuche wie z.B. Herr von Hirschhausen sie gern praktiziert. Er schickt die Menschen in die Pause nachdem die eine Publikumsseite ihr "schlimmstes Erlebnis“ aufschrieb und die andere Hälfte "ihr schönstes". Nach der Pause sind die einen fröhlich, die anderen nicht (individuell mit gewissen Unterschieden aber messbar).

Vieles unserer Prominenz erscheint mir nebenbei auch schrecklich aufgesetzt. Eben noch betroffen vor der Kamera und fünf Minuten später bei Lohengrin.

Manche Menschen werden zur Zeit in Duisburg ausgeschlossen, von dem Recht zu trauern, von jeglichem Recht. Das geht so weit, dass es "Todesdrohungen" gibt.
Es herrscht eine unglaubliche Wut vor, eine entmenschlichende Wut gegen Einzelne. Ich denke was nicht wirklich thematisiert wird ist die Frage der Scham. Der Scham der Beteiligten. Denn auch dies gehört zu solchen Ereignissen, der Selbstvorwurf "habe ich etwa gedrängelt weil ich schneller...", "bin ich über die Treppe ohne Not".....“hätte ich etwas anders machen sollen“, „habe ich die richtigen Verletzten versorgt, tat ich alles für andere Menschen“. "inwieweit ist es richtig danach noch feiern zu gehen, weiter Große Events zu wünschen", "wieso feierte ich weiter".......

Ich glaube auch diese Scham, die persönlich erdachte Schuld (die nichts mit Realitäten zu tun haben muß) befördert eine ungute Stimmung der Emotionen, der beeinträchtigenden Emotionen, welche "Heilung verhindert".

Ich weiß nicht wieso in Duisburg von den Verantwortlichen der Trauerfeier, wieder auf Größe geschaut wurde, auf das Megaevent. Heute las ich alle Kirchen der Stadt beteiligten sich und insgesamt hätten 100.000 Leute teilnehmen sollen/können. Es blieben unter 2000 Beteiligte.

Trauer hat auch etwas mit Demut zu tun. Mit „klein sein“ und hilflos fühlen. Das geht nur bedingt im Stadion. In einem Klima in dem Wut/Scham, Trauer/Wut gemeinsam "wabern" ist weder eine Aufarbeitung noch ein emotionale zur Ruhe kommen möglich.

Es ist und bleibt so Event.


Ich bin immer dafür, dass Menschen sich über ihre Emotonen austauschen in einem Kreis den sie bestimmen können und wählen. Ich freue mich auch hier in diesem Forum sprechen Menschen über ihre Gefühle auch wenn sie durchaus privat sind. Auch ich wähle manchmal einen größeren Kreis um mich auszutauschen und Hilfe zu erbitten. Aber wichtig ist, dass niemand dazu "genötigt" wird, dass Behutsamkeit vorherrscht in Veröffentlichungen, dass Adressaten bestimmbar sind.

Ich kann mir vorstellen eines Nachts in einem Forum, in einer Ausnahmesituation etwas preiszugeben was ich am nächsten Tag bereue. Aber ich denke z.B. hier ich hätte die Möglichkeit die Verbreitung zu unterbinden.

In Duisburg suchen Reporter Leid und halten drauf, veröffentlichen medial global. Mit Bild und Ton.

Natürlich sind Menschen von Ereignissen betroffen, natürlich sollen sie immer darüber sprechen können, es ausdrücken können. Natürlich auch wenn sie etwas in den Medien berührte. Aber ich kritisiere erheblichst das Spiel mit den Emotionen anderer indem ich "sie verkaufe", Auflagen steigere, Wähler befriedige und ggf. die Stimmung noch anheize indem über beteiligte Personen öffentlich geredet wird, deren Tun kritisiert wird. In dem Wissen kritisiert den Leuten geht die ganze Sache bestimmt nah und es ist auch kein Spaß nicht mehr auf die Straße zu können und das Hassobjekt einer Stadt zu sein.
Dass es in solchen Situationen zu Fluchten, Rechtfertigungen, kommt empfinde ich mehr als verständlich und menschlich


* Quelle/Zitat Trauerfeier ohne Versöhnung, Stern 31.Juli 2010

Edit, Quelle/Zitat erkennbar gestaltet

Geschrieben von: Ricky am 01.Aug.2010 - 19:40

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ZITAT(ella1 @ 31.Jul.2010 - 16:39) *
Ich verstehe nicht die mediale Aufmerksamkeit, welche dieses Ereignis begleitet.

Ich denke die Medien waren sehr stark auf die Berichterstattung der Loveparade eingestellt, nur eben in einer ganz anderen Art und Weise. Daher glaube ich, dass selbst "die Medien" total geschockt waren.
Begünstigend kommt meiner Meinung nach hinzu, dass täglich, sogar stündlich, neues "Material / Informationen" "geliefert" wurden, nämlich bspw. die unzähligen Handyvideos. Hierdurch hatte man Bilder direkt aus der Mitte heraus, direkt vom Geschehen, Stück für Stück hat man sich ein genauere Bild machen können. Und das alles bringt es einem auch wieder so Nahe. Es ist ein Unterschied, ob, wie zu Beginn, ein Text am Bildschirm entlang läuft oder ob man plötzlich das Drame Haut nah vor Gesicht bekommt.
Womit ich recht geben muss ist, dass genau ähnliches wahrscheinlich schon mal passiert ist, bei einem Brand in einer Disco, bei der Fluchtwege versperrt waren etc. und natürlich könnte man jetzt das Verhältnis sehen / berechnen.
Ich habe daher auch den Eindruck, dass man am Ende noch froh sein muss, dass es "nur" 21 Menschen waren. Aber es ändert nichts an meinem Empfinden, dass es mir für die 21 Betroffenen und all ihre Angehörigen unheimlich leid tut. Und nicht nur für diese sondern für all die Verletzten und diejenigen, die mit dem schrecklichen Erlebnis klar kommen müssen, sprich auch all die nicht körperlich verletzten, aber genauso beeinträchtigten...

Geschrieben von: McLeod am 01.Aug.2010 - 19:41

ZITAT(ella1 @ 01.Aug.2010 - 17:58) *
Diese [(öffentlichen?) emotionalen Ausnahmezustände] werden in meiner Wahrnehmung gepuscht, wenn Unbeteiligte traumatisierenden Bildern ausgesetzt werden, sie eine Dauerbeschallung des Unglücks bekommen und Emotionen direkt gefördert werden.


Das sehe ich ähnlich, ich fühle mich allerdings auch in der Lage zu entscheiden, ob ich einen halben Tag durch Newsseiten klicke oder durch Sender zappe, weil ich das Gefühl habe, meine Geschocktheit dadurch zu verarbeiten oder ob ich mich dem Push entziehe, der mich auch nach dem Verarbeiten am Thema halten will. Mir ist es beim 11. September 2001 das erste Mal aufgefallen und bewusst geworden. Weil ich außerhalb der Mediensintflut im Urlaub war und danach das Drama eines ganzen Tags und Tausender Menschen vor Ort auf wenige "Ikonen", Bilder, Szenen, Platzhalter zusammengeschrumpft war.

Sowohl nach dem Tod von Michael Jackson, als auch nach der Katastrophe bei der Loveparade haben Medien die Menschenmengen, die zu Trauerfeiern erscheinen würden völlig überschätzt. Trauer ist doch öfter privat - Lady Dis Beerdigung komplett ausgenommen - als anscheinend (vor Journalist/inn/en) erwartet.

Und Trauer lässt sich auch nicht in Besucherzahlen messen.

Was ich an Hypes bedenklich finde ist, dass die spätere Berichterstattung, wenn das Leben in seiner alltäglichen, "langsamen" Geschwindigkeit so weit ist, dass etwas zu einem neuen Ergebnis kommt, und sei es ein Zwischenergebnis, dagegen völlig abfällt. Ein Kind wird getötet - tagelange Berichterstattung. Der Mörder wird verurteilt - eine Notiz an 4. bis 6. Stelle der Nachrichten. Vom Freispruch des Moderators Andreas Türk nach Vergewaltigungsanzeige kaum Meldungen, er ist weg von der Bildfläche. Bei Kachelmann wollen's "die Medien" anscheinend etwas besser hinbekommen. Aber auch das der Hype in den ersten 10 Tagen unverhältnismäßig.

Ich sehe es in diesem Punkt ähnlich wie Du. Meine Konsequenz ist entsprechend eigenverantwortlicher Medienkonsum. Soweit es mir möglich ist, ich bin auch nur ein Mensch ;-)

McLeod, völlig im OT - ich hoffe, es ist für alle Mitlesenden noch im Rahmen?

Geschrieben von: Sinai78 am 02.Aug.2010 - 13:21

ZITAT
McLeod
Gestern, 19:41 Beitrag #71


Das sehe ich ähnlich, ich fühle mich allerdings auch in der Lage zu entscheiden, ob ich einen halben Tag durch Newsseiten klicke oder durch Sender zappe, weil ich das Gefühl habe, meine Geschocktheit dadurch zu verarbeiten oder ob ich mich dem Push entziehe, der mich auch nach dem Verarbeiten am Thema halten will.


Eben? Als "Außenstehender", aber Berührter Mensch hat man zu jeder Zeit die Möglichkeit "auszusteigen". (was sicherlich auch nicht auf Knopfdruck geht, weil eben unterbewußt die Ergriffenheit, Schwere dadurch noch lange nicht weg ist). Aber was ist mit den direkt Betroffenen? Wo können diese aussteigen - und vor Allem wohin (ent)fliehen?? Als ob ihr Trauma/der Schock nicht groß genug wären, sind sie gezwungen auf eine Art und Weise Trauerarbeit zu leisten, die Ihnen von außen auferlegt wird. Ohne Rücksicht auf Verluste- ob nun gewolt oder nicht- aber die Betroffenen werde doch nicht gefragt ob sie das so wollen bzw. können sie zu diesem Zeitpunkt überhaupt verstehen und begreifen was da gerade geschieht und was oder nicht Hilfe für sie sein könnte? Sie kommen nicht zur Ruhe um sich darüber erstmal klar zu werden, sie haben keinerlei Rückzugsmöglichkeiten/keinerlei "Nischen". Und zwar solange bis der "Hipe" vorüber ist. Und dann? Stehen diese Menschen allein im Raum genau dann wo Alles mehr als krass ins Bewusstsein schleicht, in all seiner Deutlichkeit und Härte und sie wirkliche (Ich weiß ja nicht inwieiweit sie das was gerade um Sie herum geschieht für sie überhaupt hilfreich sein kann) + noch mehr Hilfe benötigen werden- Die dann aber auch gewährleistet wird. Oder doch eher nicht? Und wenn sie sich dann auf die Aufmerksamkeit und angebl. "Unterstützung" verlassen dann sind sie im wahrsten Sinne des Wortes verlassen?

Nachdenkliche Grüße
Sinai


Geschrieben von: ella1 am 02.Aug.2010 - 14:09

Mir ist damals im Fall von Eschede aufgefallen, eine kann sich nicht leicht entziehen. Denn das hieße, kein TV, keine Nachrichten, kein Radion.....keine Bahn mit TV Screens, kein Kaufhaus, ..... keine Zeitungen mehr, auch kein vorbeigehen an Zeitungsständen denn das Titelbaltt irgendeiner wird schon noch etwas zeigen...... .

Je nachdem wie hoch die Triggergefahr ist, findet eine sicherlich Auslöser oder muß sich halt den Medien entziehen. Nur dies ist echt schwer in dieser Welt.

Ich denke in diesem jetzigen Zustand haben einige Menschen zuviel durch die Medien abbekommen, welche niemals in Gefahr waren. Nunmehr phantasieren was gewesen wäre, wären sie ggf. ...... .

Die Betreuung für die Rettungskräfte läuft auch wenn es sicherlich schwer wird mit diesen ständigen Bildern und Erinnerungen von außen präfentiv zu arbeiten.
Diese ganze Sittuation kann traumatisch wirken, sie muß es nicht. Mehr weiß man in sechs Monaten bei Betroffenen bzw. die Betroffenen werden sehen ob sie ihr Leben anders wahrnehmen.






Geschrieben von: McLeod am 02.Aug.2010 - 15:15

ZITAT(Sinai78 @ 02.Aug.2010 - 14:21) *
ZITAT
McLeod
Gestern, 19:41 Beitrag #71


Das sehe ich ähnlich, ich fühle mich allerdings auch in der Lage zu entscheiden, ob ich einen halben Tag durch Newsseiten klicke oder durch Sender zappe, weil ich das Gefühl habe, meine Geschocktheit dadurch zu verarbeiten oder ob ich mich dem Push entziehe, der mich auch nach dem Verarbeiten am Thema halten will.


Eben? Als "Außenstehender", aber Berührter Mensch hat man zu jeder Zeit die Möglichkeit "auszusteigen". (was sicherlich auch nicht auf Knopfdruck geht, weil eben unterbewußt die Ergriffenheit, Schwere dadurch noch lange nicht weg ist). Aber was ist mit den direkt Betroffenen? Wo können diese aussteigen - und vor Allem wohin (ent)fliehen?? Als ob ihr Trauma/der Schock nicht groß genug wären, sind sie gezwungen auf eine Art und Weise Trauerarbeit zu leisten, die Ihnen von außen auferlegt wird.


Öhm... sorry, ich kann Dir nicht folgen. Ob ich nun direkt betroffen bin oder nicht, ich kann den Fernseher ausschalten. Und ob meine Ergriffen heit und Schwere noch lange woauchimmer ist, war gar nicht das Thema - es geht hier im Medienkonsum und den eigenen Anteil am Medienkonsum, um den Hype und das eigene Enthypen. Im Moment verstehe ich nicht, was Du meinst mit "von außen den Betroffenen auferlegte Trauerarbeit"?

Fragende, ratlose Grüße
McLeod

Geschrieben von: Sinai78 am 02.Aug.2010 - 16:20

ZITAT(ella1 @ 02.Aug.2010 - 15:09) *
Mehr weiß man in sechs Monaten bei Betroffenen bzw. die Betroffenen werden sehen ob sie ihr Leben anders wahrnehmen.

Genau. Aber es ist ja die Frage: Ist genau zu diesem (also in 6 Monaten um da mal bei zu bleiben) Zeitpunkt auch noch wer da, wenn die jeweiligen betroffenen Personen nicht selbständig, also nicht in Eigeninitiative therapheutische Unterstützung suchen/in Anspruch nehmen? Momentan haben diese Menschen Alle (ohne darum gebeten zu haben)Aufmerksamkeit (ob nun hilfreich/aufbauend oder nicht sei dahingestellt-das kann ich als Nichtbetroffene nicht beurteilen) auch sicherlich/hoffendlich psych.Betreuung. Aber auch noch in 6 Monaten? Oder Anderes: wie sieht es mit einer langfristigen psych. Betreutung aus ? unsure.gif

@MC Leod:
ZITAT
ich kann den Fernseher ausschalten
Ja, könnte/kann man. Und dann steht ein Team von Stern TV oder die regionale Presse oder oder vor der Tür, der/die bei Unsereins (also nicht direkt Betroffenen) sicherlich nicht vor der Tür stehen wird. Was nutzt es da den Fernseher auszuschalten? _wir_ haben es da schon leichter uns "auszuklinken" meinst Du nicht?
ZITAT
Im Moment verstehe ich nicht, was Du meinst mit "von außen den Betroffenen auferlegte Trauerarbeit"?

Ich meine damit, dass die Betroffenen mehr oder minder "überannt" werden. Von allen Seiten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass kein einzigster Journalist darum bemüht ist, ein "Exlusivinterview" zu bekommen. Und auch die "Menschenansammlungen" die für oder mit (?) den Betroffenen trauern (oder einfach "dabei sein wollen") wie auch bei Robert Enke.. Wer fragt die Betroffenen ob sie ihre Trauerarbeit "teilen" wollten/wollen? Das meinte ich mit der von außen auferlegten- weil ungefragten- Trauerarbeit. Sorry, wenn ich mich da unverständlich ausgedrückt haben sollte. Lag nicht in meiner Absicht.


Viele Grüße
Sinai

Geschrieben von: McLeod am 02.Aug.2010 - 17:46

Danke, sinai, nun verstehe ich besser, was Du meintest.

Ein wenig stereotyp scheint mir dabei Dein Bild von den Medien als menschenhetzende, sensationsgierige Meute zu sein. Das trifft auf einen Teil zu, aber längst nicht auf alle. Und zum Glück wissen und fühlen immer mehr Menschen, dass sie "ich möchte nicht gefilmt oder gefragt werden" sagen können. Das genau diese Antworten nicht auftauchen, liegt in der Natur der Sache.

Ich fand zum Beispiel den medienbegleiteten Tunnelbesuch von Dr. Motte irritierend. Aber ich fand ja auch schon seine ersten Antworten / Statements vom Sonntag so.

Ich fand es bezeichnend, dass sich eben nicht Zenhtausende zum gemeinsamen, öffentlich beobachteten Trauern zusammenfanden. Und die meisten Interviews mit Angehörigen oder Menschen, die irgendwie da raus gekommen sind und traumatisiert sind, empfand ich eher in die Richtung "ich will gehört werden, ich hab was zu sagen", als "komm, erzähl dem lieben Onkel, der lieben Tante von R*L/B*LD/h*ute was"... Liegt sicherlich auch zum Teil an der Wahl der Medien, weil ich wenig blöd und erteel und so schaue/lese. Das möchte ich einschränkend hinzufügen, auch wenn ich bereits zustimmte, dass es solche Medienvertreter/innen gibt.

Ich finde es wichtig, da auch mal über eine Beschwerde beim Presserat nachzudenken, wenn eine einen Bericht oder eine Bildauswahl unangemessen findet. Dafür ist diese Institution ja da. Oder einen Zuschauer/innen- oder Leser/innen-Brief zu schreiben.

McLeod grüßt

Geschrieben von: ella1 am 02.Aug.2010 - 17:55

ZITAT
Sinai....Genau. Aber es ist ja die Frage: Ist genau zu diesem (also in 6 Monaten um da mal bei zu bleiben) Zeitpunkt auch noch wer da, wenn die jeweiligen betroffenen Personen nicht selbständig, also nicht in Eigeninitiative therapheutische Unterstützung suchen/in Anspruch nehmen? Momentan haben diese Menschen Alle (ohne darum gebeten zu haben)Aufmerksamkeit (ob nun hilfreich/aufbauend oder nicht sei dahingestellt-das kann ich als Nichtbetroffene nicht beurteilen) auch sicherlich/hoffendlich psych.Betreuung. Aber auch noch in 6 Monaten? Oder Anderes: wie sieht es mit einer langfristigen psych. Betreutung aus ?



Ich kann Dir diese Frage nur aus meiner Position beantworten, d.h. meine Überzeugung. Zunächst: es kann eben potentiell traumatiserend wirken. Hier ist Profilaxe gefragt. Dies sieht für Rettungskräfte anders aus als für einzelne Betroffene die nicht in der Gruppe und vor allem nicht mit einer bestimmten Aufgabe in der Situation waren.

Eine Profilaxe einzelner kann nur erfolgen wenn diese sich an die entsprechenden Supervisoren, Therapeuten, Seelsorger, Ärzte vor Ort wenden. Hier kann durchaus auch der Hausarzt gefragt sein.

Selbst für die Rettungskrafte ist es immer nur ein Angebot, welches selbstbestimmt angenommen werden kann.

Natürlich muß jeder Mensch für sich entscheiden ob er überhaupt ein "Problem" hat oder diesem vorbeugen will, ggf. worauf er es zurückführt und wie er sich Hilfestellung wünscht.

"Viel hilft nicht viel". Auch ein Ansprechen (gar ein wiederholtes) von Menschen in Bezug auf Therapie, insbesondere langfristige, finde ich problematisch bezieht es sich einzig auf ein erlebtes Ereignis.

Ich denke jeder Mensch in Duisburg weiß, so ein Ereignis kann möglicherweise Folgen haben. Ich hoffe jeder ist in der Lage sich an Beratungsstellen (Freunde, Gesprächspartner.....Ärzte.....) zu wenden, wenn er selbst die Notwendigkeit sieht.

Ein Beratungsangebot wird es immer geben ob nach Duisburg oder einem anderen Ereignis welches ebenso potentiell traumatisierend sein kann. Und das kann in der Tat so ziehmlich alles sein, was das Individuum an seine Grenzen bringt.
Aber jede Beratung braucht den Wunsch, den Willen desjenigen der sich in sie begibt.

Alles hat seine Zeit und die bestimmt eben der Mensch der für sch bemerkt er wünscht sich Veränderung.

Geschrieben von: ella1 am 02.Aug.2010 - 18:09

ZITAT
McLeod
Und die meisten Interviews mit Angehörigen oder Menschen, die irgendwie da raus gekommen sind und traumatisiert sind, empfand ich eher in die Richtung "ich will gehört werden, ich hab was zu sagen", als "komm, erzähl dem lieben Onkel, der lieben Tante von R*L/B*LD/h*ute was"... Liegt sicherlich auch zum Teil an der Wahl der Medien, weil ich wenig blöd und erteel und so schaue/lese. Das möchte ich einschränkend hinzufügen, auch wenn ich bereits zustimmte, dass es solche Medienvertreter/innen gibt.


Sollte jemand wirklich traumatisiert sein, sich also in einer psychischen Ausnahmesituation befinden, dürfte dieser Mensch nicht ad hoc aufgenommen werden.

Nach Vereinbarungen ist auf jeden Fall folgendes zu schützen:

.....
Zweierlei sei jedoch in jedem Fall zu schützen und bilde Grenzen: 1. das abgebildete Schicksal (Schutz vor subjektiver Verletzung), 2. das Auge des Betrachters (Schutz vor objektiver Verletzung). Presserat Nr. 2/98

Die Presse hat einzig zu informieren. Sie hat im Grunde keine Emotionen zu schüren. Ggf. muß sie auf Bilder verzichten die Menschen in Ausnahmesituationen zeigen, Schockbilder dürfen niemals um des Schockes willen gebracht werden.

Ob dies immer so funktioniert mag jede selbst für sich beurteilen.

Geschrieben von: Hortensie am 14.Aug.2010 - 23:21

Kreuzverhör mit Adolf Sauerland"
Köln (ots) - WDR Fernsehen, 15.08.2010, 19.40 - 20.00 Uhr

Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) bricht sein
Schweigen. Drei Wochen nach der Loveparade-Katastrophe stellt er sich
am Sonntag um 19.40 Uhr in einem "Kreuzverhör" im WDR Fernsehen den
Fragen von Gabi Ludwig und Jörg Schönenborn.

Geschrieben von: kawa am 31.Aug.2010 - 14:28

Dokumentation zur Loveparade am 24.7.2010:

http://www.dokumentation-loveparade.com/

Betreiber der Seite ist Lopavent GmbH (Veranstalter der Loveparade).

Geschrieben von: McLeod am 08.Jun.2017 - 03:51

7 Jahre hat es gedauert. Und fast wäre alles in der kleinteiligen Aufteilung von "Verantwortlichkeiten" versandet. Ende des Jahres beginnt nun endlich ein Prozess. Was für eine Erleichterung für Angehörige und Dortgewesene. Ich habe in den Jahren dazwischen eine Sanitäterin kennengelernt, die dort am Tunnel arbeitete. Und ohne ihre Erzählungen ausbreiten zu wollen: Es war ein extremes Erlebnis, das in vielen Schritten und Jahren ein Stück weit verarbeitet ist. Es war ihr wichtig, dass es zu diesem Gerichtsverfahren kommt.

7 Jahre und ich denke immer mal wieder daran. Auch wenn Großveranstaltungen inzwischen mit anderen Befürchtungen besetzt sind. Gerade war Turin mit Panik beim Public Viewing. Ich mag nicht "glimpflich" dazu sagen.

Mal sehen, was der Prozess so bringen wird.
McL

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