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Die gute alte Küche - in neuem Gewand _ Mattscheibe _ Jungfrauen in den USA

Geschrieben von: svan am 05.Jan.2014 - 22:37

In den USA gibt es eine wachsende Bewegung fundamentaler Christen. Dazu gehört eine wachsende Gruppe junger Frauen, die die Jungfräulichkeit vor der Ehe hochhalten, verbunden mit entsprechenden Vorstellungen von Sexualiät. Dokumentarfilm

Geschrieben von: meandmrsjohns am 05.Jan.2014 - 22:39

Svan, sowas gibt es auch in Deutschland, ich persönlich kenne zwei junge Damen die das so handhaben....

Geschrieben von: Hortensie am 06.Jan.2014 - 10:23

Ich kenne Menschen, die diese Vampirgeschichten in den Kontext der angestrebten Enthaltsamkeit gesetzt und entsprechend bewertet haben...

Geschrieben von: shark am 06.Jan.2014 - 16:27

Online ist der Film bei ARTE weiterhin verfügbar:http://www.arte.tv/guide/de/045430-000/virgin-tales

Geschrieben von: shark am 06.Jan.2014 - 18:12

Wie schockierend... ich weiß nicht, woher die Filmemacher die Zahlen haben, aber die Einblendungen am Ende des Filmes, die aussagten, dass 40% der heute lebenden (!!) AmerikanerInnen KreationistInnen seien und ein Viertel der amerikanischen Bevölkerung einer evangelikalen Gemeinschaft angehöre, lassen mir eiskalte Schauer über den Rücken laufen....

Und was diese starke Hinwendung zum Thema "sexuelle Unberührtheit" angeht:

Ich finde es nicht problematisch, wenn Menschen den Entschluss fassen, dass ihre Sexualität für sie so wertvoll ist, dass sie sie nur mit einem Menschen teilen wollen, der nicht nur einen Streifzug durch ihr Leben macht, sondern der eine lange und tiefe gegenseitige Beziehung anstrebt.

Mich schockiert aber, wenn ich einen Vater, der ansonsten eine von Liebe und Respekt geprägte Beziehung zu seinen Töchtern zu haben angibt, sagen höre, er würde notfalls auch "physisch" verhindern, dass eine seiner Töchter unverheiratet eine sexuelle Beziehung mit einem anderen Menschen eingehe bzw. unterhalte.
Es ist eine Sache, das eigene Kind in einem Ansinnen zu unterstützen und meinetwegen auch zu "führen" (wobei ich von Begleitung von Kindern eine andere Auffassung habe und mich nie als "Führerin" meiner Töchter gesehen hab noch den Anspruch darauf auch nur in Betracht gezogen hätte), aber eine ganz andere, in einer solchen Weise zu verfügen. In einer Weise, die (auch wenn das vorsichtig formuliert war) Gewalt einschließt.

Und am allergefährlichsten von allem finde ich, dass diese Menschengruppen, die auf eine derartig dogmatische, absolutistische und selbstgerechte Art ihren Glauben leben, das auch für ihre Umgebung so bestimmen wollen und ihre persönlichen Auffassungen vom ChristIn-Sein nicht von den politischen Geschicken ihre Landes getrennt sehen wollen.
Es genügt ihnen nicht, dass sie das Recht haben, einen wie auch immer konstruierten Gott anzubeten, nein, sie wollen, dass das alle tun sollen und dass die Politik nach ihrer Auffassung zu handeln habe.
Und schrecklicherweise sitzen inzwischen genügend von diesen FanatikerInnen an den Stellen, an denen sie daran auch tatsächlich arbeiten können. Wirklich erschreckend.

Ganz absonderlich finde ich (um das auch noch erwähnt zu haben), dass sich von diesen angeblich doch soooo gläubigen Männern keiner zu scheuen scheint, als Soldat andere Menschen zu erschießen.
Wo Keuschheit einen so hohen und dagegen ein Menschenleben so einen geringen Wert hat, müsste sich eigentlich jeder Gott - gäbe es ihn denn - voll Grausen von seinen AnhängerInnen abwenden....



shark

Geschrieben von: svan am 07.Jan.2014 - 01:14

Shark, Du bringst es auf den Punkt.
Auch ich finde es absolut okay, seine Sexualität nur mit jemandem teilen zu wollen, der mir viel bedeutet.
Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs und darum geht es nicht wirklich.
Dass die Zahl der Evangelikalen zunimmt, finde ich bedenklich und dass die Zahl der Kreationisten schon nahe bei 50% liegt, finde ich auch äußerst bedenklich.
Denn dahinter steht vor allem der Machtgedanke, dass nur sie definieren können, was der richtige Glaube sein soll und dass Menschen, die diesen Glauben nicht teilen nicht in den Himmel kommen sollen, sondern ergo in die Hölle. Und dazu gehört auch das Bild des Soldaten, der natürlich für eine "gerechte Sache" in den Krieg zieht. Was diese Sache ist, wird aber von irgendwem bestimmt und das sind die Menschen, die unbedingt die Macht ausüben wollen alles zu bestimmen und das bedeutet nur eine bestimmte Form der Sexualität ist akzeptabel. Das Denken dieser Menschen gründet sich darauf, dass sie sich selbst für gerecht und die einzig auserwählten halten und dazu haben sie ein klares Feindbild und das sind alle Andersgläubigen und Schwule und Abtreiber. Wobei ich Abtreibung auch nicht gut finde. Aber ich würde deshalb niemanden als meinen Feind betrachten. Und schon garnicht würde ich die Idee haben, dass ich deshalb in den Krieg ziehen möchte, um ein Held zu sein.
Es ist ein gefährliches Schwarz-Weiß-Denken, was sich hier ausbreitet und was die Anhänger in wichtige politische Ämter bringt, denn es geht letztendlich um Macht und die Unterdrückung und Verfolgung Andersdenkender.

Geschrieben von: meandmrsjohns am 07.Jan.2014 - 14:27

ZITAT(shark @ 06.Jan.2014 - 18:12) *
Mich schockiert aber, wenn ich einen Vater, der ansonsten eine von Liebe und Respekt geprägte Beziehung zu seinen Töchtern zu haben angibt, sagen höre, er würde notfalls auch "physisch" verhindern, dass eine seiner Töchter unverheiratet eine sexuelle Beziehung mit einem anderen Menschen eingehe bzw. unterhalte.
shark



Der Vater sprach von einer Beziehung in der seine Tochter nicht geehrt und respektiert würde, also nur sexuell ausgenutzt. Als Mutter von einer Tochter könnte ich so ein Verhalten auch nicht dulden und würde den Freund verprügeln....
Das muss ich zum Glück nicht, weil meine Tochter selbst auf sich aufpassen kann ;-)

LG
Meandmrsjohns

Geschrieben von: shark am 07.Jan.2014 - 22:28

ZITAT(meandmrsjohns @ 07.Jan.2014 - 14:27) *
ZITAT(shark @ 06.Jan.2014 - 18:12) *
Mich schockiert aber, wenn ich einen Vater, der ansonsten eine von Liebe und Respekt geprägte Beziehung zu seinen Töchtern zu haben angibt, sagen höre, er würde notfalls auch "physisch" verhindern, dass eine seiner Töchter unverheiratet eine sexuelle Beziehung mit einem anderen Menschen eingehe bzw. unterhalte.
shark



Der Vater sprach von einer Beziehung in der seine Tochter nicht geehrt und respektiert würde, also nur sexuell ausgenutzt. Als Mutter von einer Tochter könnte ich so ein Verhalten auch nicht dulden und würde den Freund verprügeln....



Ich habe da rausgehört, dass jede sexuelle Beziehung, die eine Tochter dieses Vaters vor einer Eheschließung mit einem Mann unterhalten könnte, von diesem Vater als die Tochter nicht ehrend und ausnutzend begriffen werden würde. Es schien mir da nicht um die Gefühle der jungen Frau zu gehen, sondern um den Punkt, an dem der Vater "Handlungsbedarf" sieht.

Geschrieben von: meandmrsjohns am 08.Jan.2014 - 11:34

Hallo,

die Eltern sprachen davon, den jungen Mann erst einmal kennenlernen zu wollen, und von Vergebung und Liebe. Erst wenn diese Beziehung "gefährlich" werden sollte, könnte es zum Bruch kommen. Die Gefahr bestünde darin, dass die Tochter nicht geliebt oder geehrt würde von dem Freund.

Ehrlich gesagt finde ich da nichts schlimmes daran, wenn sich Eltern um das leibliche und geistige Wohl ihrer Kinder sorgen und kümmern .
Wir leben in einer übers*xualisierten Welt.
Manche Kinder haben das Gefühl und den Druck bereits im Kindergarten oder in der Grundschule s*xy sein zu müssen um mithalten zu können.
Wenn kleine Kinder sich schon Gedanken machen (müssen) ob sie cool und s*xy genug sind, stimmt da ganz gewaltig in unserer Gesellschaft etwas nicht und ist sehr schädlich für die Entwicklung und persönliche Reife der Kinder.

Bei diesen "Jungfrauentreffen" passiert lobenswerter Weise mal etwas anderes. Es wird sich untereinander unterstützt und bestärkt, sich nicht jeder flüchtigen Versuchung hinzugeben, sondern auf den Richtigen zu warten.

LG
meandmrsjohns




Geschrieben von: shark am 09.Jan.2014 - 00:52

An einer früheren Stelle im Film sagt der Vater über seine Tochter Jordyn:
"Ich wünsche mir für Jordyn, dass sich alles rasch erfüllt, was sie sich wünscht. Ich weiß, dass irgendwann ein Mann ihren Weg kreuzen wird. Ich möchte in dieser Zeit für sie da sein und erfahren, wer diese Person ist, damit es für beide ein Erfolg wird und ihr Leben erfolgreich wird."
Schon an dieser Stelle empfinde ich die Kausalkette, die Wilson da aufzeigt, anmaßend.
Er ist offenbar der Ansicht, dass es nicht nur wichtig ist, dass er den Mann kennenlernt, sondern auch den Kennenlernprozess der jungen Leute begleitet, damit seine Tochter glücklich werden kann. Nicht weil die das so will, sondern weil er , der Vater, das so bestimmt.

Ich verabscheue die Art, wie sich hier die Väter (und nur sie, denn jeder dieser Jungfrauenbälle ist ein "Vater-Tochter-Reinheitsball" (Zitat Jordyn)) als Hüter der "Unschuld" ihrer Töchter aufspielen.
Das ist genau diese Art männlicher Verfügungsgewalt über die Sexualität des weiblichen Teils der Welt, die Frauen unfrei macht.
Und all das hat für mich mit liebevoller Unterstützung nur auf den allerersten Blick zu tun.

Auch das "Gelübde" der Väter weist übrigens in diese Richtung. Darin bezeichnen sich die Väter als "führende (..) Autorität" und "Beschützer" ihrer Töchter "im Bereich der Reinheit". Es wird zwar gleich darauf auf die Vorbildfunktion des Vaters verwiesen, aber der Aspekt "Vater hütet die Jungfräulichkeit der Tochter bis zur Eheschließung" geht doch weit darüber hinaus, dass er sich wünscht und darauf abzielt, dass seine Tochter mit ihrer eigenen Sexualität verantwortungsvoll umgeht.

Und deshalb erachte ich auch den weiter oben im Thread erwähnten "physischen" Eingriff, den der Vater sich "zum Wohl (seiner") Tochter" vorstellt (Zitat Wilson: "So oder so - ich würde eingreifen.") nicht als hilfreiches Beispringen, falls die Tochter in Not gerät, sondern als Anwendung eines zweifelhaften väterlichen Rechtes in Bezug auf die Bewahrung der Tochter. Ich fürchte, diese Sorte Väter (die eine solch große Sache um die Unberührtheit ihrer Töchter machen) wird jede sexuelle Beziehung der eigenen Töchter zu einem anderen Menschen außerhalb einer Ehe für die Tochter nicht ehrend und schätzend ansehen und sich zum Eingreifen verpflichtet fühlen.
Und die "Vergebung", von der die Mutter spricht, die braucht ein Mensch doch bitte gar nicht, nur weil er seine Sexualität in die eigene Hand nimmt und sich nicht fremdbestimmen lässt.
Liebe schon und ohnehin - aber die sollte selbstverständlich sein.
Und wieso sollte es einen "Bruch" zwischen Eltern und Tochter geben, wenn doch der Freund das Problem wäre?
Vielleicht, weil diese Tochter eine andere Auffassung davon haben könnte, auf welche Weise sie "geehrt" werden will und was "gefährlich" für sie ist?

Ich bin sicher, Wilson liebt seine Kinder (und sie ihn und die Mutter - das ist durchaus auf eine rührende Art spürbar in diesem Film). Und er hat im Umgang mit ihnen Prinzipien, die sich aus seinem Glauben ableiten lassen, aber ich habe nicht den Eindruck, als hätten die Töchter wirklich eine Wahl.
Mit grade mal 13 willst Du den Vater, der Dich "meine wunderschöne Tochter" nennt, sich Zeit nimmt für Dich und ebensowenig den Gott, von dem er erzählt und dessen "Prinzessin" Du sein darfst, nicht enttäuschen und wirst vermutlich freudig versprechen, Dich von etwas fern zu halten, das Du ohnehin noch nicht recht verstehst und Dir noch gar nicht wirklich was bedeutet. Und es wird sich gut anfühlen, dafür gefeiert und hofiert zu werden. Und Du willst auch nicht schlechter sein als die Geschwister vor Dir.
So wie auch viele Mädchen nur deshalb zur Erstkommunion gehen, weil sie da ein "Prinzessinnenkleid" anziehen dürfen und später andere "ungläubige" Jugendliche nicht auf Firmung oder Konfirmation verzichten wollen, weil sie dabei reichlich beschenkt werden, Aufmerksamkeit bekommen und sich erwachsener fühlen können. Um all das zu bekommen, versprechen sie auch Dinge vor einem Altar.
Und wieviele davon stehen denn ein paar Jahre später noch wirklich dazu?

Ich habe zwei inzwischen erwachsene Töchter.
Und beide sind herangewachsen in dem Bewusstsein, dass ihre Sexualität ihnen gehört. Dass sie sie gestalten und genießen können und dass sie allein die Wahl haben, ob, wann und mit wem sie sie teilen wollen.
Auch ohne weißen Tutu, Keuschheits-Gelübde und einen Vater mit Schwert in der Hand konnten sie ihren eigenen Wert entdecken.

Diese so sehr zu beschützende Heiligkeit der weiblichen Unschuld, die erst ein angetrauter Gatte brechen darf (im Film wird von der "Öffnung des Schoßes" gesprochen) spielt am Ende doch nur wieder der Macht der Männer in die Hände.
Ich wüsste nicht, was daran richtig sein könnte. Mich schaudert vielmehr davor....





shark

Geschrieben von: meandmrsjohns am 09.Jan.2014 - 10:11

Hallo Shark,

ja, so wie Du argumentierst und den Film dokumentierst, was Dir übrigens ausgezeichnet gelungen ist, hast Du Recht mit Deiner konstruktiven Kritik.
Den Schlüssel zum "Keuschheitsgürtel" der Töchter verwahrten und verteidigen die Väter und übergeben ihn an die Ehemänner. Die Töchter Haben keine Handhabe auf ihre eigene Sexualität, was schlimm ist, das sehe ich genauso!

LG
meandmrsjohns

Geschrieben von: shark am 09.Jan.2014 - 14:19

Guten Morgen! smile.gif

Ich find, dass es sehr nachvollziehbar ist, wenn sich zunächst die Bilder und Szenen des Filmes so anfühlen, als gehe es allein um die Würde und den Schutz der Kinder, um elterlichen Respekt und Liebe zu diesen Mädchen.
Und diese wunderschönen, lächelnden und zauberhaft angekleideten Mädchen wirken ja auch wie glückliche Feen aus dem Paradies.
Ich hätte auch gern in einem solchen Haus gelebt, solche Kleider getragen, mit vielen Geschwistern und beiden Eltern an einem Tisch gesessen und alles wäre sauber und freundlich und schön gewesen....
Aber so war es nicht bei uns. Ein Teil meiner Kindheit und meine gesamte Jugend hatte keinen Schutz oder wie auch immer geartete Reinheit, niemand hat sich um mich gekümmert oder sich Zeit für mich genommen. Nichts war wertvoll und ich schon gar nicht.
Vermutlich deshalb hab ich mich selbst schon auch dabei ertappt, beim Ansehen des Filmes spontan ganz tief in mir sowas zu fühlen wie: "Wie schön das alles ist und wieviel Liebe und Schutz die Mädchen erfahren...." - und das trotz des Durchschauens der Strukturen und des echten Grausens darob....
Und dieses Grausen wird noch verstärkt durch den Gedanken, dass diese Mädchen ihrer "Unschuld" im Grunde genauso beraubt werden wie ich der meinen damals beraubt wurde.
Nicht in der gleichen Weise gewaltsam und auf eine andere Art, aber in ihrem wie in meinem Fall habe/hatte allein der Vater es in der Hand, was damit geschehen soll/-te....


shark

Geschrieben von: Rafaella am 09.Jan.2014 - 18:08

Liebe shark, ich kann aus der Erfahrung meiner Biographie dein Posting nicht nur voll und ganz nachvollziehen, sondern teilen. Und wie gut du das ausdrückst, wie fein und resektvoll, aber eindeutig. flowers.gif

Geschrieben von: PikSieben am 09.Jan.2014 - 19:42

Na, schön, jetzt habt ihr mich so weit - hab mir den Film nun auch angesehen.

ZITAT(shark @ 09.Jan.2014 - 14:19) *
Ich find, dass es sehr nachvollziehbar ist, wenn sich zunächst die Bilder und Szenen des Filmes so anfühlen, als gehe es allein um die Würde und den Schutz der Kinder, um elterlichen Respekt und Liebe zu diesen Mädchen.
Und diese wunderschönen, lächelnden und zauberhaft angekleideten Mädchen wirken ja auch wie glückliche Feen aus dem Paradies.
Ganz genau das ist es, was mich so hat erschaudern lassen. Wie du weiter oben schon so treffend beschrieben hast - es ist so anrührend, mit wie viel Liebe die Menschen in der Familie miteinander umgehen, mit wie viel Sanftmut und gegenseitigem (scheinbaren) Verständnis. Und wie wundersam, dass tatsächlich alle Kinder in der Familie ganz und gar eigenständig und von selbst rolleyes.gif die Entscheidung treffen, die Ehe abzuwarten. Und nicht nur die Eltern, sondern auch die Kinder selbst sehen das ja so. Das ist wirklich beeindruckend. Und beklemmend. Sie alle sind so in dieser riesigen Liebeswolke gefangen, dass sie gar nicht merken, wie sehr sie sie in ihrer tatsächlich eigenständigen Entwicklung hemmt.

Ich habe mich natürlich gefragt, was das alles mit "uns"(hier) zu tun hat. Mit meinem (lesbischen) Blick habe ich mir beim Ansehen dieser "Traum"familie immer wieder die Frage gestellt, wie ich es wohl erlebt hätte, in einer solchen Familie aufzuwachsen. Was, wenn... Was, wenn einer in der Familie mal nicht so ist. Nicht (heterosexuell) heiraten möchte, nicht "keusch" leben möchte. Wie groß wird das Hemmnis erst sein, sein Herz auszuschütten, wenn es offenkundig anders schlägt als das der Eltern? Die Eltern, den Papa, der seine Weltanschauung LEBT, so enttäuschen? Obwohl sie doch so lieben? Ginge das? Denken diese Kinder wirklich so wie sie behaupten? Was geht in ihnen vor? Was geht in dem (hinreißenden) Sohn vor, als er plötzlich unter Tränen sein allumfassendes und eloquentes Liebesgeständnis an seine Familie richtet? Ich glaube, dass es gerade wegen dieser so großartig erscheinenden Elternliebe nahezu ein Ding der Unmöglichkeit sein dürfte, diese zu enttäuschen.

Ich fand es übrigens sehr bemerkenswert, die Gesichter der Kinder zu studieren, die zu Gast waren, als die noch nicht verheiratete Tochter ihren Benimmkurs gibt. Da konnte ich die Aura der Hingabe und Begeisterung nicht wirklich erkennen, sondern man schien doch recht herzerfrischend irritiert und angeödet. biggrin.gif

Stark auch die kommentarlosen Einblendungen von Demonstrationen und öffentlichen Manifestationen des "wahren" Glaubens.

Und im Übrigen, falls das untergegangen sein sollte, gab es am Ende die Feststellung, dass Kinder aus solchen Familien statistisch gesehen ihre ersten se*uellen Erfahrungen im Durchschnitt nicht wesentlich später als andere machen, jedoch seltener Verhütungsmittel nutzten und unaufgeklärter seien. So viel zu "Theorie und Praxis".

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